Devisenkontrolle in China
Um den Devisenabfluss und den Fall des Renminbi zu stoppen, bremst Peking Auslandsinvestitionen chinesischer Investoren ein. Ausländer dürfen für Dividenden maximal fünf Millionen Dollar bewegen.
Peking bremst Auslandsinvestitionen chinesischer Investoren ein, um den Devisenfluss und den Fall des Renminbi zu stoppen.
Chinas Devisenkontrollbehörde Safe rief die Vertreter internationaler Geldinstitute in Schanghai zu sich. Zwei Dutzend Banker kamen zu einer mündlichen Unterweisung in wichtiger Sache. Danach, sagte ein Teilnehmer, der anonym bleiben will, seien sie „ziemlich geschockt“gewesen.
Was sie von Safe bezüglich einer neuen Politik erfuhren, war ein Schlag ins Kontor. Alle Auslandsüberweisungen über Kapitalkonten, die fünf Millionen US-Dollar überschreiten, sind von Safe zu genehmigen, bevor Banken sie überweisen dürfen. Darunter fallen Positionen, die als Rückzahlungen von Auslandsinvestoren bisher in China nicht reglementiert wurden. Ein britischer Banker zählt sie auf: „shareholder loan“(Rückzahlungen von Gesellschafterdarlehen), „cash pool repayment“(wenn verschiedene Gesellschafter sich länderübergreifende Konten als Pool teilen) und Dividendenzahlungen. Einer der Geldmanager, dem große Industriekunden nervös klagten, sie könnten keine höheren Beträge als die besagten fünf Millionen Dollar mehr ins Ausland überweisen, sagte: Noch im Frühjahr habe Zentralbankchef Zhou Xiaochuan Dividendenzahlungen ausdrücklich als Teil des Current-Account-Kontos bezeichnet, von dem aus Überweisungen der legal erworbenen Mittel in beliebiger Höhe kein Problem seien. Sollte das jetzt eine Kehrtwende sein, „dann geht es ans Eingemachte“. Auf rund 500 bis 700 Mil- liarden Dollar schätzen Finanzanalysten die zur Zahlung ins Ausland anstehenden Dividenden, Darlehen oder das in China geparkte Auslandskapital, das auf die US-Zinserhöhung wartet.
Einer der Teilnehmer nannte die von Safe verlesene Anweisung eine „window guidance“, die sofort gelte. Für wie lange, wurde ihnen nicht gesagt. Die Banker stellen sich auf wenige Wochen ein, hoffen, dass es nur eine der vielen Maßnahmen sei, mit denen Peking sein von Kapitalflucht und hohem Abwertungsdruck gebeuteltes Finanzsystem stabilisieren will.
In ähnlicher Weise informierte Safe weitere chinesische und ausländische Geldinstitute in mehr als einem Dutzend Städten, wobei in Peking und einer anderen Stadt die Zahlung von Dividenden weiter unter dem Current-Account-Konto erfasst wird. Solch unterschiedliche Auslegungen verunsichern die Branche noch mehr. Beunruhigt zeigte sich auch die EU-Kammer in Peking. Deren Präsident Jörg Wuttke meinte, China würde „neue Regeln setzen“, wenn es bisher mögliche Kapitaltransfers wieder einschränke. „Wir haben seit 15 Jahren nichts mehr über verhinderte oder verzögerte Dividendenzahlungen gehört nach der 2001 problemlosen Milliardenrückzahlung an einen großen Investor. Die damalige Botschaft: Wer in China investiere, bekomme seine Gewinne auch wieder raus.
Die Banker und ihre Kunden hoffen, dass die Safe-Kontrollen nur Teil eines Pakets von Ad-hocVerordnungen zur Bekämpfung der Kapitalflucht, der Geldwäsche sowie des Transfers von Korruptionsgeldern und hochrisikoreicher Auslandsinvestitionen sind. Seit Wochen ist in der chinesischen Wirtschaftspresse zu lesen, Peking wolle nur „Schlupflöcher“stopfen, etwa gegen Kapitalflucht.
Peking scheint aber gleich Dämme bauen zu wollen. Eine Vierergruppe unter dem Pekinger Staatsrat, der die Planungs- und Genehmigungsbehörde (NDRC), die Bank of China, das Handelministerium und Safe angehören, will mehrere Probleme in den Griff kriegen, schreibt die finanzpolitische Zeitschrift Caixin.
Es gilt, den Renminbi zu stabilisieren, der nach der Wahl von Donald Trump absackt. Die Kapitalflucht habe extrem zugenommen, auch im Verbund mit der Schwemme an Auslandsinvestitionen und M&A-Übernahmen. Zugleich schmelzen Chinas Devisenreserven, um den Währungsverfall aufzuhalten. Im Oktober 2016 standen sie bei 3,12 Billionen Dollar nach 3,99 im Juni 2014. Allein seit September fiel der Renminbi um mehr als vier Prozent.
Noch hat der Staatsrat seinen Maßnahmenkatalog gegen Kapitalabfluss, spekulative Auslandsinvestitionen und zur Währungsstabilisierung nicht veröffentlicht. Auf der Agenda stehen Vorschläge zum Einfrieren aller Auslandsgroßprojekte mit Investitionen über zehn Milliarden Dollar bis September 2017, berichteten Bloomberg und South China Morning Post. M&A-Übernahmen und Fusionen größer als eine Milliarde Dollar sollen auf Eis gelegt werden – sofern sie nicht zum Kerngeschäft des Investors gehören. Auch dürfen Staatsbetriebe im Ausland keine Immobilien um mehr als eine Milliarde Dollar kaufen. Strategische Übernahmen will Peking jedoch weiter fördern.
Am gleichen Tag feierte die Zeitung, dass Chinas Eisenbahnkonzern China Railway Rolling Stock Corp. (CRRC)) über seine Tochter CRRC Zhuzhou Locomotive Tschechiens Konzern Škoda Transportation AS zur Gänze übernehmen will. Klappt der Milliardendeal, zu dem weder Kaufpreis noch Verhandlungsstand genannt werden, würde CRRC bei Ausschreibungen für Europas Bahninfrastruktur gestärkt. Peking hat sich solche Verkehrsprojekte mit der Seidenstraßenoffensive und den 16+1-Sonderbeziehungen mit CEE-Staaten auf die Fahnen geschrieben. CRRC, die am globalen Bahnmarkt einen Anteil von 15 Prozent hält, hat sich laut China Daily für rund 400 Milliarden Euro in Bahntechnologien von Zulieferfirmen wie Großbritanniens Dynex und der deutschen Boge Elastmetall GmbH eingekauft.