Der Standard

ZITAT DES TAGES

Frederick Lau gehört zu den meistbesch­äftigten jungen Schauspiel­ern Deutschlan­ds. Jetzt spielt er den Peter Munk in „Das kalte Herz“. Ein Gespräch über Werte, die Natur und die Verheißung­en der Virtual Reality.

- INTERVIEW: Bert Rebhandl

„Wir sind peu à peu darauf gekommen, was es heißt, kein Herz mehr zu haben, sondern einen Stein.“Der deutsche Jungschaus­pieler Frederick Lau über seine Rolle als Peter Munk in „Das kalte Herz“

Standard: Herr Lau, „Das kalte Herz“beruht auf einem Märchen von Wilhelm Hauff aus der Romantik. Hatten Sie als Kind noch Kontakt mit solchen Geschichte­n? Lau: Meine Mutter hat mir viele Märchen vorgelesen, und ich werde meinen Kindern auch bald Märchen vorlesen. Das ist etwas ganz Großes, sich in solchen fremden Welten zu verlieren.

Standard: Im Unterschie­d zu den Volksmärch­en, die die Brüder Grimm gesammelt haben, stammt dieses von einem Dichter. Merkt man den Unterschie­d? Lau: Wenn man sich näher damit beschäftig­t, wie wir es für den Film getan haben, dann wird das schon deutlich. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich andernfall­s darauf aufmerksam geworden wäre.

Standard: Wie sah denn die Vorbereitu­ng aus? Gab Regisseur Johannes Naber eine Interpreta­tion vor? Lau: Für einen Schauspiel­er ist es hochintere­ssant, wenn man zwei Figuren in einer darstellen darf. Zwei Peter Munks. Es war geplant, dass wir vor dem Drehen zwei, drei Tage mit Johannes Naber das Buch durchgehen, da wurden aber sechs Tage draus, denn wir haben jeden Satz umgedreht. Es wurde die Welt von Johannes Naber. Wir möchten ja nicht historisch richtig liegen, sondern für heute verstehen, was an dieser Figur besonders ist. So sind wir peu a peu darauf gekommen, was es heißt, kein Herz mehr zu haben, sondern einen Stein. Wir haben uns dafür entschiede­n, dass Peter Munk sehr manipulati­v sein sollte.

Standard: So wird „Das kalte Herz“zu einer Lektion über das wahre Menschsein. Manche Anspielung­en sind sehr aktuell, manchmal wirkt Peter Munk fast wie ein neoliberal­er Unternehme­r. Lau: Ich glaube, es geht ja auch gerade um Werte. Wie geht man mit Menschen um, wie mit der Natur? Wie werden Werte vermittelt an die nächste Generation? Der Film könnte doch einen kleinen Wink geben, dass es um Nachhaltig­keit geht, dass es wichtig ist, ein Zusammenle­ben zu finden und nicht das Ichbezogen­e in den Vordergrun­d zu stellen.

Standard: Haben Sie auch Ihre eigene Beziehung zur Natur überdacht? Lau: Ich bin Berliner, ein Stadtkind. Diese andere Welt habe ich für mich mitgenomme­n, indem ich versucht habe, sie mit den Augen der Figur zu entdecken, sie nicht als Normalität wahrzunehm­en. Es war total interessan­t, den Wald zu betreten und zu spüren und zu riechen. Ich war früher auch viel mit meinem Vater unterwegs und liebe die Natur sehr, aber diese Erfahrung war doch extrem interessan­t. In kleinen, ruhigen Momenten kann man ganz, ganz viel entdecken. Standard: War der Film teuer? In Deutschlan­d ist das ja ein seltenes Genre: Fantasy im weitesten Sinn. Lau: Wir haben schon Aufwand betrieben, aber es ist ja gerade das Interessan­te, dass man wenige Mittel braucht, um die Natur groß erscheinen zu lassen.

Standard: Moritz Bleibtreu hat eine wichtige Nebenrolle. Wie ist Ihr Verhältnis zu ihm? Lau: Ich fand es hoch spannend, mit ihm über Schauspiel­erei zu sprechen, vor allem, weil wir beide große Gefühlsmen­schen sind. Ich bin definitiv ein Bauchschau­spieler. Er sagte mir dann etwas über den Unterschie­d zu einem großen Schauspiel­er: Der kann auch etwas setzen, der weiß, wann er sich nicht auf den Bauch verlassen kann. Ich habe höchsten Respekt vor Moritz Bleibtreu. Er hat mich überzeugt und steht mit gutem Recht da, wo er steht.

Standard: Ganz anders die weibliche Hauptrolle: Henriette Confurius. Ihr Spiel wirkt eher durchdacht. Lau: Ich erinnere mich noch an das erste Casting. Wir haben lange nach der weiblichen Hauptrolle gesucht. Es gab dann diese Szene, in der sie in den Raum tritt. Sie sieht Peter Munk zum ersten Mal wieder. Sie hat da auf eine unnachahml­iche Art ein leichtes Zögern gespielt. Ich habe bei diesem Casting fast vergessen zu spielen, weil ich so fasziniert war von ihr.

Standard: Können es die Märchen in Zukunft noch mit den digitalen Realitäten aufnehmen? Lau: Also, ich bin auf jeden Fall ein Leser. Allerdings habe ich mir neulich einmal so eine VirtualRea­lity-Brille aufgesetzt. Das ist schon phänomenal. Das Beamen ist gar nicht mehr notwendig. Bald wird das mit solchen Brillen möglich sein. Ich glaub, das geht jetzt ziemlich schnell. Ich habe auch Angst davor, aber in erster Linie bin ich gespannt.

Standard: Braucht man dann noch Schauspiel­er? Lau: Wir sind ja weiterhin voyeuristi­sch, wir möchten sehen, wie Menschen was erleben. Deswegen hoffe ich auf jeden Fall, dass unser Beruf weiterhin von Bedeutung sein wird. Andere Leben sind immer interessan­t. Es braucht ja was, um sich streiten zu können, um zu kommunizie­ren. Wenn wir alle das Gleiche erleben, haben wir da nichts mehr.

FREDERICK LAU, geboren 1989 in Berlin-Steglitz, ist derzeit einer der meistbesch­äftigten jungen deutschen Schauspiel­er. Sein größter Erfolg war im Vorjahr „Victoria“von Sebastian Schipper.

 ??  ?? Ab jetzt im Kino: die Verfilmung des Wilhelm-Hauff-Märchens „Das kalte Herz“mit Frederick Lau in der Rolle des Protagonis­ten, der an der Stelle des schlagende­n Herzens einen Stein trägt.
Ab jetzt im Kino: die Verfilmung des Wilhelm-Hauff-Märchens „Das kalte Herz“mit Frederick Lau in der Rolle des Protagonis­ten, der an der Stelle des schlagende­n Herzens einen Stein trägt.

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