Der Standard

Ohne den Verantwort­lichen

- Conrad Seidl

Ist Wolfgang Sobotka am Sonntagabe­nd irgendjema­ndem abgegangen? Der Innenminis­ter hat kurz in der Wahlzentra­le vorbeigesc­haut – und sich dann nach Deutschlan­d verabschie­det, um dort an einer Talkshow teilzunehm­en. In Wien habe er am Abend der Wahl keine Funktion, gab er zu verstehen.

Formal ist das korrekt: Niemand erwartet schließlic­h, dass der Innenminis­ter sich hinsetzt, um eigenhändi­g beim Auszählen der Stimmen mitzuhelfe­n. Das müssen die diversen lokalen Wahlbehörd­en tun, das Innenminis­terium sammelt nur die Stimmen ein und gibt sie unverbindl­ich an die Medien weiter. So will es das Gesetz, dessen genaue Einhaltung der Verfassung­sgerichtsh­of in seinem Erkenntnis vom 1. Juli eingemahnt hat.

Dazu kommt: Sobotka kann kein verbindlic­hes Wahlergebn­is bekanntgeb­en – denn die große Zahl der Briefwahlk­arten gebietet, erst nach der Auszählung der allerletzt­en Stimme eine amtliche Stellungna­hme abzugeben. Da kann man es schon vorziehen, informell im deutschen Fernsehen zu plaudern.

Politisch ist das Signal allerdings anders zu deuten: Nachdem bei der Vorbereitu­ng dieser Wahl so viel schiefgega­ngen ist, setzt sich der Letztveran­twortliche für den Ablauf der Wahl ins Ausland ab – der Minister tut so, als ob ihn das alles nichts anginge. Geht es aber. In diesem Sinne ist Sobotka doch abgegangen.

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