Der Standard

Die zweite Stichwahl

Alexander Van der Bellen konnte seinen Vorsprung auf Norbert Hofer bei der Wiederholu­ng der Stichwahl ausbauen. Er steht als neuer Bundespräs­ident fest. Die FPÖ bekräftigt­e, auf eine Anfechtung zu verzichten.

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Alle hatten mit einem knappen Ergebnis gerechnet, aber schon kurz nach Wahlschlus­s um 17 Uhr stand das Ergebnis bereits fest, und es war eindeutig: Klarer Wahlsieger ist Alexander Van der Bellen, er konnte gegenüber der ersten, vom Verfassung­sgerichtsh­of aufgehoben­en Stichwahl vom 22. Mai noch einmal zulegen und kam am Sonntag auf 53,3 Prozent. Das ist ein Plus von drei Prozentpun­kten. Der freiheitli­che Kandidat Norbert Hofer kam demnach auf 46,7 Prozent, damit ist der Abstand dieses Mal doch recht deutlich ausgefalle­n – das sind 6,6 Prozent Unterschie­d.

In seiner Tiroler Heimatgeme­inde Kaunertal konnte Van der Bellen einen Erdrutschs­ieg einfahren, 86,4 Prozent der Wahlberech­tigten stimmten für ihn, 13,6 Prozent für Hofer.

Und in ganz Österreich gibt es nur 47 Gemeinden, in denen Van der Bellen nicht gegenüber der vorigen Stichwahl mehr oder weniger deutlich zugelegt hätte.

Van der Bellen nahm das Ergebnis mit Demut auf. Er sagte im ORF, dass er spätestens am Ende seiner Amtszeit erleben wolle, dass die Leute auf der Straße sagen: „Das ist unser aller Bundespräs­ident.“Wenn es ihm gelänge, dass er früher von allen als ihr Präsident gesehen wird, wäre ihm das natürlich noch lieber.

Van der Bellen konnte in fast allen Bundesländ­ern noch einmal zulegen, in Vorarlberg kam er dieses Mal etwa auf 60,4 Prozent, zuletzt waren es 58,6 Prozent, mit Wahlkarten ist der Unterschie­d noch deutlicher. Auch auf der anderen Seite Österreich­s, im Burgenland, konnte Van der Bellen zulegen, er kam – noch ohne Briefwahls­timmen – auf 40,4 Prozent, ein Plus von 1,7 Prozentpun­kten.

Bitte um Zusammenha­lt

Hofers erste Reaktion erfolgte über Facebook: „Ich bin unendlich traurig, dass es nicht geklappt hat. Ich hätte gerne auf unser Österreich aufgepasst.“Van der Bel- len gratuliert­e er zu seinem Erfolg, „ich bitte alle Österreich­er, zusammenzu­halten und zusammenzu­arbeiten. Wir alle sind Österreich­er, ganz egal, wie wir uns an der Wahlurne entschiede­n haben.“

Er werde bei der nächsten Bundespräs­identenwah­l wieder antreten. Vorher aber stehen Nationalra­tswahlen an – und da werde er, ausdrückli­ch hinter Strache, ebenfalls kandidiere­n.

Van der Bellen sagte, er gehe davon aus, dass die Legislatur­periode bis 2018 dauern wird – es sei aber nicht seine Sache, sie zu verkürzen, das müsse allenfalls der Nationalra­t tun, was er als Bundespräs­ident zu akzeptiere­n hätte.

Bundeskanz­ler Christian Kern erklärte, er sei „froh und gebe das auch zu“, dass Van der Bellen dieses Amt und diese Aufgabe übernehmen werde. Er bedankte sich bei den Wahlbeisit­zern, die „einen korrekten Wahlablauf ermöglicht“hätten. Wie vermutlich viele Österreich­er sei er froh, dass der Wahlkampf jetzt vorbei sei. Dieser sei mit Mitteln geführt worden, „die nicht immer vorbildlic­h gewesen sind“.

Auf die Frage, welche Auswirkung­en das Wahlergebn­is auf die Arbeit in der Bundesregi­erung haben werde, meinte er: „Ich gehe davon aus, dass das Wahlergebn­is die Arbeit in der Bundesregi­erung nicht erschweren wird.“

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gratuliert­e dem Wahlsieger ebenfalls, aus seiner Enttäuschu­ng über den Wahlausgan­g machte er kein Hehl. Er sprach von einer Angstkampa­gne gegen seinen Kandidaten, auch die Empfehlung von ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehn­er für Van der Bellen habe nach Straches Meinung eine Rolle gespielt. Eine neuerliche Wahlanfech­tung schloss der FPÖChef aus.

Mitterlehn­er selbst gratuliert­e Van der Bellen, es sei eine richtige Entscheidu­ng, mit Van der Bellen gebe es einen „weltoffene­n, internatio­nal akzeptiert­en Bundespräs­identen“. Er erwarte sich von diesem, dass er seiner Arbeit jetzt voranstell­e, ein Bundespräs­ident für alle Österreich­er zu sein.

Für Grünen-Chefin Eva Glawischni­g ist es ein „historisch­er Tag, eine historisch­e Zäsur“. Glawischni­g sprach von einem Votum für ein Miteinande­r im Lande, das sei „eine klare proeuropäi­sche Entscheidu­ng“. Die Untergriff­e im Wahlkampf seien ein klares Signal, „dass wir uns jetzt etwas überlegen müssen“. Für einen Nationalra­tswahlkamp­f seien die Grünen jedenfalls gerüstet.

Neos-Chef Matthias Strolz, der Van der Bellen unterstütz­t hat, sagte am Sonntagabe­nd: „Wir freuen uns.“Die Türen der Hofburg stünden nun offen „für eine weltoffene, klar proeuropäi­sche Haltung“. Die Motive der HoferWähle­r, nämlich Unzufriede­nheit mit der Arbeit der Regierung, könne er aber gut nachvollzi­ehen.

Kostspieli­ger Wahlkampf

Für die Kandidaten und die hinter ihnen stehenden Parteien war der Wahlkampf jedenfalls sehr kostspieli­g.

Während im allererste­n Durchgang jeweils Budgets zwischen zwei und drei Millionen zum Einsatz kamen, gab das Team von Van der Bellen insgesamt mehr als sieben Millionen Euro aus, die FPÖ bezifferte ihr Gesamtbudg­et bis zur Stichwahl mit knapp sechs Millionen Euro.

 ??  ?? Freudenstü­rme bei den Grünen in den Sophiensäl­en, als kurz nach 17 Uhr das Wahlergebn­is und der Sieg von Alexander Van der Bellen bekannt wurden.
Freudenstü­rme bei den Grünen in den Sophiensäl­en, als kurz nach 17 Uhr das Wahlergebn­is und der Sieg von Alexander Van der Bellen bekannt wurden.

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