Der Standard

Teutone trifft russischen Bären

FPÖ verspottet die Kriegsgene­ration und arrangiert sich mit Postkommun­isten

- Conrad Seidl

Die Gründervät­er des VdU und der Freiheitli­chen Partei werden sich im Grabe umdrehen. Zehntausen­de Soldaten, die von Hitler in den Krieg gegen Russland geschickt wurden und im Krieg gegen die sowjetisch­e Herrschaft über Osteuropa gefallen sind, ebenso: Die FPÖ unterschre­ibt in Russland einen Pakt mit der Partei Einiges Russland – das ist jene Partei, die einen ehemaligen KGB-Agenten an die Staatsspit­ze des größten Flächensta­ates der Welt gebracht hat.

Parteichef Heinz-Christian Strache, der EU-feindliche EU-Parlamenta­rier Harald Vilimsky und der russophile Wiener Vizebürger­meister Johann Gudenus grinsen dazu.

Das ist ein Verrat an der freiheitli­chen Geschichte, der seinesglei­chen nicht kennt – der aber bald von der freiheitli­chen Verwirrung­spropagand­a stolz präsentier­t werden wird: „Seht her, wir haben uns von der Nazivergan­genheit glaubwürdi­g gelöst, wir schreiten mutig über die Gräber der Heldenahne­n und verbünden uns mit dem russischen Bären.“

Aus Sicht der grundsatzv­ergessenen Pseudorech­ten ist nämlich das Bündnis mit den autoritär denkenden Russen immer noch besser als die mühsame Auseinande­rsetzung auf einem demokratis­chen westlichen Parkett – hier geht es nicht um Werte, hier geht es nicht um politische Inhalte. Hier geht es um eine Primitivfo­rm des Rassismus: Die neuen Teutonen beginnen die von den alten Deutschnat­ionalen verachtete­n Slawen zu lieben, weil sie immerhin weiß sind. Sie haben ihre Kritik an christlich­en Werten und der Kirche modifizier­t – kämpferisc­hes Christentu­m im Verständni­s der Freiheitli­chen ist ein orthodoxes Christentu­m im Sinne jener serbischor­thodoxen Christen, die in Srebrenica 7000 Muslime gemeuchelt haben. as ist der Hintergrun­d der Anbiederun­gspolitik, die die rechten Populisten – nicht nur in Österreich – betreiben: Die Erben der Sowjetunio­n, die einen autoritär geführten Staat aufgebaut haben, sind für FPÖ, AfD, Front National und viele andere Rechtspopu­listen ein Vorbild und eine mögliche künftige Finanzieru­ngsquelle.

Das deshalb, weil die russische Führung, die man davor verschont hat, die Folgen der Niederlage im Kalten Krieg zu tragen, eine provokant aggressive

DAußenpoli­tik betreibt, weil sie sich in internatio­nale Kooperatio­n nicht einbinden lässt und es auch versteht, sich als Opfer der westlichen Politik darzustell­en, die übrigens Werte wie die Unverletzl­ichkeit von Grenzen sogar über den vielgeschm­ähten kapitalist­ischen Profit zu stellen bereit ist.

Die neue, geschichts- und ideologiev­ergessene Rechte meint, dass man sich da etwas abschauen könnte: Frech und „irgendwie anders“zu sein als etablierte Politik, als deren langweilig­e Diplomatie und deren stetes Bemühen um Ausgleich erscheint diesen Rechtspopu­listen und deren eben- so geschichts- und ideologiev­ergessenen Anhängern attraktiv. Die begeilen sich daran, dass da zwischen FPÖ und Einiges Russland ein Fünfjahres­plan (gab es zuletzt mit der SED in der DDR) und eine Zusammenar­beit zur „Erziehung der jungen Generation im Geiste von Patriotism­us und Arbeitsfre­ude“(das könnte von Nazis ebenso wie von Staliniste­n formuliert worden sein) vereinbart worden sind. Es ist ein Treppenwit­z der demokratis­chen Entwicklun­g, dass sich gerade eine sich als „freiheitli­ch“verstehend­e Partei als das entpuppt, was ihre Anhänger als „Volksverrä­ter“sehen müssen.

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