Heftige Kritik der FPÖ an Wehsely-Wechsel zu Siemens
Häupl bastelt weiter an Regierungsumbildung in Wien
Wien – Als „Verhöhnung des Steuerzahlers“bezeichnete der Wiener FPÖ-Klubchef Dominik Nepp am Sonntag den Wechsel von Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) zu Siemens Healthcare im deutschen Erlangen. Das Unternehmen sei ein „wesentlicher Lieferant des Krankenhauses Nord. Es ist ein trauriges sozialdemokratisches Sittenbild – die politisch verantwortliche Auftraggeberin wechselt direkt zu einem Auftragnehmer“, sagte Nepp. Die Freiheitlichen wollen die Rolle von Siemens beim Spitalsprojekt genauer untersuchen. Was das konkret heißt, ließ Nepp auf Rückfrage offen.
Viele Geschäftsbeziehungen
Zwischen dem global tätigen Großkonzern Siemens und der Stadt Wien gab und gibt es auf vielen Ebenen (Verkehr, Gesundheit, Forschung, Stadtplanung etc.) Geschäftsbeziehungen und Kooperationen. Im Fall des Krankenhauses Nord bemühte sich auch ein Bieterkonsortium aus Porr/Siemens/Vamed um den Bau des Spitals. Die Stadt entschied sich aber 2010, nach der Zusage eines 300Millionen-Euro-Kredits der Europäischen Investitionsbank (EIB), selbst zu bauen. Der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) wollte sich auf STANDARD- Anfrage zur Größenordnung der Geschäftsbeziehungen seiner Spitäler mit Siemens „nicht äußern“, hieß es am Sonntag aus dem Büro von Generaldirektor Udo Janßen.
Auch Wehselys Vater Hans hatte für Siemens gearbeitet: Er war Leiter des Beteiligungsmanagements bei Siemens AG Österreich und erfüllte auch Aufsichtsratsfunktionen in Gesellschaften des Konzerns. Mit ihrem Wechsel in die Privatwirtschaft wandelt Wehsely zudem auf den Spuren ihrer Mentorin Brigitte Ederer: Die SPÖ-Nationalratsabgeordnete und Staatssekretärin, zuletzt bis Ende Dezember 2000 Finanzstadträtin in Wien, wechselte nach ihrem Ausscheiden aus der Politik in den Vorstand der Siemens AG Österreich und stieg 2010 in den Vorstand des Konzerns in München auf.
Brauner auf Urlaub
Nach der Entscheidung von Wehsely, die politische Bühne in Wien zu verlassen, arbeitet Bürgermeister Michael Häupl weiter an seiner angekündigten Regierungsumbildung. Er hoffe, dass der Prozess bis zur Vorstandstagung der Wiener SPÖ am Freitag und Samstag abgeschlossen sei, sagte er Ö1. Als fixe Deadline für die Umbildung nannte er den Landesparteitag Ende April. Es gilt für Häupl, den Streit zwischen linkem und rechtem Parteiflügel zu beenden.
Dreh- und Angelpunkt eines großflächigen Regierungsumbaus ist eine mögliche Ablöse von Finanzstadträtin Renate Brauner. Diese befindet sich allerdings noch auf Urlaub und nimmt am Mittwoch ihre Arbeitsgeschäfte wieder auf. Brauner ist seit mehr als 20 Jahren amtsführende Stadträtin in Wien und gilt als enge Vertraute Häupls. (krud)