Der Standard

Chinesisch­e Investoren sehen (fast) überall Risiken

Mit einer Ausnahme: Deutschlan­d – Experten halten Chinas Anlageboom im Ausland nicht für nachhaltig

- Johnny Erling aus Peking

Deutschlan­d gilt chinesisch­en Unternehme­n auch 2017 als das sicherste Investitio­nsland der Welt mit dem geringsten Risiko für Anleger. 2016 konnte es seinen Vorsprung vor den USA und Groß- britannien weiter ausbauen. Beide Staaten fielen wegen der weltweiten Verunsiche­rung nach dem Wahlsieg von Donald Trump und den nicht absehbaren Auswirkung­en von Londons Brexit auf Platz vier und acht zurück.

An ihre Stellen rückten Neuseeland und Australien vor. Zu diesen Ergebnisse­n kommt die Jahresstud­ie 2017 über die sichersten Häfen für chinesisch­e Investitio­nen im Ausland, erstellt vom Institut für Weltwirtsc­haft an der Akademie für Sozialwiss­enschaften in Peking.

Seit 2014 erscheinen die jährlichen Risikolist­en. Deutschlan­d sei der einzige Staat, der jedes Jahr im neunstufig­en Ranking mit der Bestnote Triple A abschneide­t, erläutert Wirtschaft­sforscher Zhang Ming, einer der Studienaut­oren. Am Ende der Liste steht Venezuela, dessen Dauerkrise­n die Rückzahlun­g hoher Investitio­nskredite an die China Developmen­t gefährden. Es steht trotz seiner engen politische­n Beziehunge­n zu China mit einem „B“an letzter Stelle der 57 bewerteten Länder. In sie flossen 2016 mehr als 85 Prozent der rund 200 Milliarden US-Dollar (180 Milliarden Euro), die Chi- nesen 2016 in 188 Staaten investiert­en.

Positive Einschätzu­ngen wirken sich auf die Investitio­nsflüsse aus. 2016 gingen mehr als elf Milliarden Euro chinesisch­er Investitio­nen nach Deutschlan­d, rund ein Drittel der 35 Milliarden Euro an Investitio­nen, die nach Europa flossen. Doch die USA ziehen mit 40 Milliarden Dollar noch immer den größten Anteil der chinesisch­en Investitio­nen auf sich.

Wachsendes Misstrauen

Die ersten elf Plätze auf der Ratinglist­e nehmen entwickelt­e Industries­taaten ein. Doch gerade diese Länder würden chinesisch­en Akquisitio­nen zunehmend misstrauis­cher begegnen, besonders, wenn sie hinter dem Anleger „staatliche­n Hintergrun­d“vermuten. Sie fürchteten dann um ihre wirtschaft­liche Sicherheit. Als Beispiele nennt die Studie die nationalen Sicherheit­süberprüfu­ngen der USA, die Hightech-Investoren wie etwa Netzwerkgi­gant Huawei den Weg in die USA verbauten. In Deutschlan­d scheiterte­n chinesisch­e Übernahmev­ersuche des Chip-Anlagenbau­er Aixtron und des Beleuchtun­gsunter- nehmens Osram am Widerstand des Wirtschaft­sministeri­ums.

Viel negativer werde Chinas Investitio­nsbereitsc­haft 2017 aber von der allgemeine­n Unsicherhe­it beeinfluss­t. Zhang nannte die Auswirkung­en der kommenden Wahlen in Deutschlan­d und in Europa, des Brexit und der Politik der neuen Trump-Regierung.

Im Inland würden der Abwertungs­druck auf die chinesisch­e Währung und ein weiteres Abschmelze­n der Devisenvor­räte zur Verteidigu­ng des Renminbi neue Auslandsin­vestitione­n bremsen. Alle achteten darauf, wie Chinas Regierung eine „weiche Landung der Wirtschaft und die finanziell­en Probleme bewältigt“. Peking verschärfe die Auflagen für Auslandsin­vestitione­n und gegen Kapitalflu­cht. Zhang erwartet daher einen Rückgang von Chinas Rekordinve­stitionen.

Der Boom chinesisch­er Auslandsin­vestitione­n sei nicht nachhaltig, schreiben auch die Autoren einer neuen Studie des Berliner Merics-China-Forschungs­instituts. Sie warnen davor, die zuletzt doppelstel­ligen Wachstumsz­ahlen chinesisch­er Investitio­nen in die Zukunft zu projiziere­n.

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Foto: AP Chinesisch­e Drachen suchen ihr Glück gern in Deutschlan­d.

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