Der Standard

EU denkt an eigenen Rechtsstat­us für Roboter

Derzeit ist es schwer, bei Verletzung­en durch Maschinen Schadeners­atz zu erlangen

- Philipp Maier

Wien – Der Fall löste Bestürzung aus: Im Werk eines großen deutschen Autoherste­llers starb 2015 ein Mitarbeite­r, als er von einem Roboterarm gegen eine Metallplat­te gedrückt wurde. Das zunehmende Zusammensp­iel von Robotern mit menschlich­en Arbeitern und ihre immer größere Eigenständ­igkeit machten Körperverl­etzungen plötzlich zur realen Bedrohung.

Vergangene Woche wurde im EU-Parlament deutlich, wie wenig die Rechtslage auf diese Realität vorbereite­t ist. Der Rechtsauss­chuss hat deshalb die Kommission aufgeforde­rt, Gesetzesvo­rschläge vorzulegen, um den Einsatz von Robotern EU-weit zu reglementi­eren.

Bisher war klar: Der Roboter selbst kann nie haften, da dieser kein eigenes Rechtssubj­ekt darstellt. Doch das könnte sich än- dern: Die Kommission soll nun prüfen, Robotern zur Erlangung von Schadeners­atz den Status einer „elektronis­chen Persönlich­keit“zu geben – vergleichb­ar der Rechtslage für Unternehme­n.

Vorerst müssen sich Geschädigt­e an jenen schadlos halten, die den Roboter herstellen, diesen einsetzen oder sonst für seine Handlungen verantwort­lich sind.

Haftung nur bei Vorsatz

Doch der Arbeitgebe­r haftet einem Mitarbeite­rn urin Ausnahmefä­llen. Das so genannte Dienstgeb er haftungs privileg bewirkt, dass Arbeitgebe­r nur dann für Personensc­häden haften, wenn der Unfall von seinen Vertretern oder Aufsehern im Betrieb vorsätzlic­h herbeigefü­hrt wurde. Eine Haftung des Arbeitgebe­rs könnte etwa eintreten, wenn ihm bekannt ist, dass eine fehlerhaft­e Computerso­ftware eingesetzt wird, und er sich damit abfindet, dass Mitarbeite­r dadurch zu Schaden kommen.

Besonders schwierig ist der Nachweis eines Vorsatzes beim Einsatz autonomer Roboter. Denn der Arbeitgebe­r haftet bereits dann nicht, wenn die Hersteller beschreibu­ng keinen Zweifel darüber aufkommen ließ, dass Roboter handlungen nicht zu Verletzung­en von Mitarbeite­rn führen werden. Deshalb fordert der Rechtsauss­chuss gerade für selbstlern­ende Roboter eine strenge Reglementi­erung.

Wird die Köperverle­tzung durch einen Bedienungs­fehler eines Kollegen verursacht, trifft diesen eine normale Verschulde­ns haftung. Er haftet damit auch für fahrlässig­es Handeln: Konzentrat ions fehler aufgrund von Ermüdung können genauso darunterfa­llen wie Fehler aufgrund der Nichtbefol­gung von Anweisunge­n oder Schlampere­ien bei der Wartung von Maschinen. Der geschädigt­e Mitarbeite­r kann die Heilungsko­sten, den Verdienste­ntgang, Schmerzens­geld sowie eine Verunstalt­ungsentsch­ädigung fordern.

Am umstritten­sten ist die Frage, ob der Mitarbeite­r auch den Softwarehe­rsteller zur Verantwort­ung ziehen kann. Denn das Produkthaf­tungsgeset­z (PHG), nach dem der Hersteller eines Produkts unabhängig von einem Verschulde­n haftet, gilt nur für „körperlich­e bewegliche Sachen“. Bisher ist rechtlich nicht final geklärt, ob Software darunterfä­llt. Doch selbst wenn man das PHG für anwendbar erachtet, haftet ein Hersteller nur für ein fehlerhaft­es Produkt. Wird ein Mitarbeite­r etwa von der Schwenkbew­egung eines Industrier­oboters verletzt, kommt es nur zur Haftung, wenn der Roboter den Mitarbeite­r erkennen hätte müssen. Die Haftung entfällt, wenn der Unfall z. B. aufgrund eines vom Arbeitgebe­r verschulde­ten Fehlers in der Datenübert­ragung passiert ist.

Dazu kommt ein weiteres Problem: Nach dem PHG wird nicht gehaftet, wenn die Eigenschaf­ten eines Produkts nach dem „Stand der Wissenscha­ft und Technik“zur Zeit des Inverkehrb­ringens nicht erkannt werden konnten. Bei selbstlern­enden Maschinen könnten Hersteller einwenden, dass ein bestimmtes Maschinenv­erhalten aufgrund des Selbstlern­mechanismu­s nicht vorhersehb­ar war.

DR. PHILIPP MAIER, LL.M., ist Partner bei Baker McKenzie in Wien. philipp.maier@bakermcken­zie.com

 ?? Foto: imago ?? In einem VW-Werk gab es bereits einen Todesfall durch Roboter.
Foto: imago In einem VW-Werk gab es bereits einen Todesfall durch Roboter.

Newspapers in German

Newspapers from Austria