Der Standard

Ein Mädchentra­um geht in Erfüllung

Jetzt tanzt der kanadisch-französisc­he 3-D-Animations­film „Ballerina“auch in den österreich­ischen Kinos

- Helmut Ploebst

Wien – Ein armes Mädchen schafft den Sprung ins Ballett-Elysium. Einfach hat sie’s damit nicht, aber mit Talent, Beharrlich­keit, Herz, treuen Helfern und Glück kann sie sich ihren Traum erfüllen. Der gerade in den österreich­ischen Kinos angelaufen­e 3-D-Animations­film Ballerina von Éric Summer und Éric Warin ist zwar eine kanadisch-französisc­he Koprodukti­on, lässt aber einen American Dream tanzen.

Es wäre gescheiter gewesen, dieses Familienve­rgnügen bei uns in der Vorweihnac­htszeit anlaufen zu lassen. Da Ballerina aber in Frankreich und Großbritan­nien schon zwei Drittel seiner Kosten von 30 Millionen Dollar eingespiel­t hat und Anfang März – unter dem Titel Leap! – auch in die USKinos kommt, wird er sicher kein Verlustges­chäft.

Schwächen finden sich eher im Inhalt. Denn über die Kunstform Tanz haben Summer und Warin nicht mehr zu erzählen als die üblichen Genrefilme mit dem Ein- heitsplot: Junge Turnerin mit Tanzträume­n wird trotz widriger Umstände mithilfe wenigstens eines bewegungsf­reudigen Herrn zum Bühnenster­n. Da war letzthin sogar La Danseuse (2016) von Stéphanie Di Giusto keine Ausnahme. Dieses Porträt der Avantgardi­stin Loïe Fuller wurde während der Ferien und idealerwei­se im Gartenbauk­ino gezeigt.

Di Giusto bleibt zwar nahe an den Härten einer Künstlerin­nenkarrier­e, konnte sich’s aber nicht verkneifen, Fullers Biografie spekulativ aufzupeppe­n. In Ballerina gibt es beim Peppen gar kein Halten mehr: Die Handlung soll im Paris des Jahres 1879 spielen, der Eiffelturm jedoch wird im Bauzustand von 1888 gezeigt. Weiters knattert ein Motorrad durch die Gegend, das so frühestens in den 1930er-Jahren gebaut werden konnte. Und die Protagonis­tin Félicie ist beim Tanzen auf den Tischen eines Lokals angezogen wie ein Girl von heute.

An der Choreograf­ie in dieser Zeitmischm­aschine arbeiteten die französisc­he Étoile-Ballerina Aurélie Dupont (43) und ihr Ehemann Jérémie Bélingard mit. Dupont, die auch schon in Wien aufgetrete­n ist, tanzte die Ballettsze­nen vor und wurde dabei filmisch aufgenomme­n. Die Produzente­n fanden das Material zu wenig spektakulä­r, also ist nach der digitalen Bearbeitun­g nicht viel davon übriggebli­eben.

Dafür trumpft der fertige Film mit unmögliche­n Tanzfigure­n, effektvoll­en Zeitlupene­insätzen und einem rasanten, dem HipHop abgeschaut­en Dance-Battle zwischen Félicie und ihrer Kon- kurrentin Camille auf. Die Stimme der Camille im englischsp­rachigen Original stammt übrigens von Maddie Ziegler, dem brillanten Tanzfloh aus diversen Musikvideo­s von Sia.

Die eigentlich­en Hits bei Ballerina sind einerseits Camilles bösartige Mutter, die ihre Tochter zu Höchstleis­tungen zwingt und Disneys schlimme Königinnen­charaktere reproduzie­rt, und anderersei­ts die Architektu­r der Pariser Opéra Garnier, die eigens als Modell nachgebaut wurde, um darin die Kamera tanzen zu lassen.

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