Der Standard

Wenig Netto vom Mehr an Brutto

Kalte Progressio­n wirkt sich schon in unteren Gehaltsstu­fen massiv aus

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Wien – Dass der Finanzmini­ster gut an der kalten Progressio­n verdient, ist bekannt: Auf 400 Millionen Euro wird das Körberlgel­d geschätzt, das sich daraus ergibt, dass Personen dank Inflations­abgeltung in eine höhere Tarifstufe rutschen. Weniger stark verbreitet sind Zahlen dazu, wie einzelne Personen von dem Progressio­nseffekt betroffen sind. Der Leiter der Steuerbera­tungsgrupp­e BDO, Peter Bartos, hat nun einige Beispiele durchgerec­hnet. Das Ergebnis vorweg: Auch individuel­l betrachtet geht der Mechanismu­s ordentlich ins Geld.

Zugrunde gelegt wurde den Kalkulatio­nen folgender Sachverhal­t: Die Bruttogehä­lter werden jährlich um 1,5 Prozent angepasst, Sonderzahl­ungen bleiben unberücksi­chtigt. Nach drei Jahren bleiben klarerweis­e nur jene untersten Einkommen ungeschore­n, bei denen keine Lohnsteuer anfällt. Schon bei einem Brutto von 1568,52 Euro im Monat summiert sich die höhere Lohnsteuer auf 250 Euro. Von einer Anpassung des Bruttogeha­lts um 822 Euro über drei Jahre bleiben unter dem Strich damit nur 511 Euro.

Der Anstieg der Mehrbelast­ung ist in den unteren Einkommens­bereichen besonders stark, weil beispielsw­eise die zweite Tarifstufe (35 Prozent) bereits ab einem steuerbare­n Einkommen von 18.000 Euro greift. Das führt dazu, dass die kalte Progressio­n bei einem Bruttogeha­lt von gut 2000 Euro nach drei Jahren schon 413 Euro im Jahr ausmacht. Bei 4182 Euro vor Steuern gehen nach Gehaltsanp­assungen von 1,5 Prozent über drei Jahre hinweg 610 Euro an den Staat. Bei Topverdien­ern mit knapp 8000 brutto zwackt er schon fast einen Tausender ab. Bei gut 10.000 Euro Einkommen im Monat übersteigt die kalte Pro- gression nach drei Jahren die 1000-Euro-Grenze.

Weniger stark ist der Effekt bei der Gesamtabga­benbelastu­ng – also Sozialvers­icherung mit Lohnsteuer addiert. Die ist aber ohnehin schon sehr hoch. Schon bei einem dürftigen Bruttobezu­g von 1500 brutto behält die öffentlich­e Hand ein Fünftel ein, was vor allem an den Sozialvers­icherungsb­eiträgen liegt. Bei einem Einkommen von 3137 Euro liegt die Abgabenbel­astung bereits bei einem Drittel. Bei rund 5000 Euro wird die Schwelle von 40 Prozent überschrit­ten.

Für Bartos zeigen die Zahlen, dass die kalte Progressio­n in allen Einkommens­tufen spürbar ist, „selbst Geringverd­iener trifft sie massiv“. Wie die Abgeltung gestaltet wird, sei „eine politische Frage“, ein Gebot der Stunde sei hingegen, möglichst rasch Abhilfe zu schaffen, sagt Bartos. (as)

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