Live bei Cobra-Einsatz: Lecks mit Tradition
Zur Festnahme des Terrorverdächtigen mit „Krone“-Begleitung
Wien – Am Mittwoch lädt die Landespolizeidirektion Wien Medienmenschen zur Diskussion über den „Einsatz von neuen Medien bei polizeilichen Großveranstaltungen“. Sie könnte bei der Gelegenheit auch gleich den sehr traditionsreichen Einsatz bewährter Medien besprechen.
Auf dem Podium im Dachgeschoß der Polizeidirektion: Richard Schmitt, Chefredakteur von Krone.at und redaktioneller Berater des Krone- Herausgebers.
Freitagabend um 18.09 Uhr vertwitterte Schmitt die „Eiltmeldung“von Krone.at: „Terroralarm in Wien: Attentäter in Bundeshauptstadt verhaftet.“Glaubt man der Meldung, wurde der mögliche Attentäter um 18.03 Uhr in Wien-Favoriten verhaftet. Ein Fotograf der Krone war dabei.
Um 19.42 Uhr twitterte Schmitt aus dem Krone- Arbeitsalltag: „Spannender Arbeitstag heute – stundenlang Observierung des Terroristen abgewartet, dann Zugriff – thx, Team & Print!“
Dass Medien versuchen, Informationen auch von Behörden möglichst frühzeitig und möglichst exklusiv zu bekommen, liegt in der Natur des Journalis- mus. Die Veröffentlichung nur Minuten nach der Festnahme eines mutmaßlichen Terroristen aber erreicht eine neue Dimension. Da stellen sich Fragen wie: Wenn die Bedrohung tatsächlich so dramatisch war, wie sie insbesondere die Krone beschrieb – könnte eine so frühe Veröffentlichung nicht etwa mögliche Mittäter zum Losschlagen motivieren?
Den Innenminister schien die Krone- Meldung zu einer recht eilig einberufenen Pressekonferenz zu drängen. Und auch wenn das Ereignis Wolfgang Sobotkas sogenanntes „Sicherheitspaket“unter- stützt: Das Ministerium zeigte sich – auf Medienanfragen –, wie berichtet, wenig erfreut über die Information an die Krone. Polizeisprecher Johann Golob versichert dem STANDARD, er halte die Weitergabe von Infos für kontraproduktiv, die Pressestelle renne da „immer hinterher“. Infos über den Zugriff am Freitag hatten nach APAInfos einige Tausend Polizeistellen, Stadt Wien und Wiener Linien. Offiziell spricht man da von Informationslecks.
Polizeiliche Lecks haben Tradition, insbesondere bei der Krone – die Polizei und Polizisten häufig nach Kräften lobt und verteidigt.
Fotografen der Krone (und des Kurier) begleiteten etwa die berüchtigte Drogenrazzia „Operation Spring“1999. Der damalige Innenminister versicherte auf Anfrage der Grünen, die Bundespolizeidirektion habe Medienvertreter „weder eingeladen noch vorinformiert“. Der damals in der Krone- Abendausgabe mit Bild als „mutmaßlicher Drogenboss“Dargestellte wurde bald enthaftet.
Anlass für die Polizei-Diskussion am Mittwoch ist der gemeinhin von Protesten begleitete rechte Akademikerball. (os, fid, fsc)