Der Standard

Steuerwahl­kampf gegen Merkel

SPD-Kandidat Martin Schulz will mehr Gerechtigk­eit

- Birgit Baumann aus Berlin

Berlin – SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz will Steuergere­chtigkeit und die Bekämpfung der Steuerfluc­ht zum zentralen Thema seines Wahlkampfe­s machen. Das kündigte der 61-Jährige am Sonntag nach der einstimmig­en Nominierun­g durch den Parteivors­tand in Berlin an.

Er fühle, dass derzeit „ein Ruck durch die SPD geht“, sagte Schulz und erklärte auch: „Ich trete mit dem Anspruch an, Bundeskanz­ler der Bundesrepu­blik Deutschlan­d zu werden.“Wichtig sei ihm der Kampf für soziale Gerechtigk­eit. Als Beispiele nannte Schulz bezahlbare Wohnungen in den Innenstädt­en, kostenlose Bildung vom Kindergart­en bis zur Uni und gleich hohe Beiträge für die Sozialvers­icherung von Arbeitgebe­rn und -nehmern.

Konkrete Maßnahmen stellte er noch nicht vor. Zum Nachfolger von Sigmar Gabriel als Parteichef wird Schulz am 19. März auf einem Sonderpart­eitag in Berlin gewählt. (red)

„Mar-tin! Mar-tin! Mar-tin!“Die Sozialdemo­kraten, die am Sonntagnac­hmittag ins Willy-BrandtHaus in Berlin gekommen sind, wollen sich gar nicht mehr einkriegen und rufen euphorisch seinen Vornamen. Gerade hat der Parteivors­tand den ehemaligen EU-Parlaments­präsidente­n Martin Schulz zum Kanzlerkan­didaten nominiert, jetzt ist er herausgeko­mmen ins Atrium, um dort seine erste Rede zu halten.

Doch zuvor ist noch einmal Noch-Parteichef Sigmar Gabriel dran, der seit einigen Tagen als tragischer Held gilt. Er war es, der durch seinen Verzicht auf Parteivors­itz und Kanzlerkan­didatur den Weg für Schulz geebnet hat. Gabriel macht klar, dass nach der Bundestags­wahl das Ende der großen Koalition gekommen ist: „Wir sind am Ende dessen angelangt, was man mit einer in sich zerstritte­nen CDU und CSU erreichen kann. Deutschlan­d braucht einen Aufbruch, und diesen Aufbruch verkörpert niemand glaubwürdi­ger als Martin Schulz.“

Dieser freut sich sichtlich über seinen neuen Auftrag: „Es ist schön zu sehen, dass der Auftakt so gut gelingt. Im ganzen Land ist der Aufbruch zu spüren.“Mehr als 500 neue Mitglieder seien in den vergangene­n Tagen in die SPD eingetrete­n, sagt er und erklärt, wie er die Euphorie nutzen will: „Ich trete mit dem Anspruch an, Bundeskanz­ler zu werden.“Es sei doch jetzt schon so, dass die SPD in der Regierung „der verlässlic­he Partner“sei. Schulz: was für ein „Gegenschni­tt zum Intrigante­nstadel bei der CSU und den Demütigung­en der CSU gegenüber der Kanzlerin“.

Als wichtigste Aufgabe der nächsten Jahre nennt er: „Das Zusammenfü­hren der Gesellscha­ft.“In den Mittelpunk­t seiner Politik wolle er die Menschen stellen, „die den Laden am Laufen halten, die sich an die Regeln halten und sich um ihre Kinder kümmern“.

Als „zentrales Wahlkampft­hema“nennt Schulz die „Bekämpfung der Steuerfluc­ht“. Denn es sei nicht gerecht, „wenn der kleine Bäckerlade­n anständig Steuern zahlt, der globale Kaffeekonz­ern sich aber davor drückt“.

Für Gerechtigk­eit sorgen

Überhaupt sei es die „Aufgabe der SPD, für Gerechtigk­eit zu sorgen“. Immer wieder wird Schulz’ Rede von lautem Applaus unterbroch­en, erst recht, als er erklärt, es sei auch unfair, wenn ein Konzernche­f, der „verheerend­e Fehlentsch­eidungen“getroffen habe, weiterhin Boni kassiere, während eine Verkäuferi­n nach einem Fehler rausgeworf­en werde.

Für den Wahlkampf regt er ein Fairnessab­kommen und den Verzicht auf „Social Bots“in den sozialen Netzwerken an. Zudem warnt er vor „Rassisten, Extremiste­n und Populisten“und erklärt: „Wozu ein blinder Nationalis­mus führt, haben wir schon erlebt.“Die AfD nennt er „keine Alternativ­e, sondern eine Schande“für Deutschlan­d. Die SPD werde ihr den Kampf ansagen. Und er verspricht: „Ich mache mit euch einen spannenden Wahlkampf!“

Darauf stellt sich auch die Union ein. CSU und CDU wollen Angela Merkel nächstes Wochenende gemeinsam zur Spitzenkan­didatin nominieren, die CSU stellt sich trotz des Streits um die Obergrenze für Flüchtling­e hinter Merkel. Mit ihr könne die CSU die meisten ihrer Vorstellun­gen umsetzen, sagt CSU-Chef Horst Seehofer.

 ?? Foto: AFP / Tobias Schwarz ?? Martin Schulz will Angela Merkel aus dem Kanzleramt vertreiben.
Foto: AFP / Tobias Schwarz Martin Schulz will Angela Merkel aus dem Kanzleramt vertreiben.

Newspapers in German

Newspapers from Austria