„Ich habe Angst, dass sie mich zurückschicken“
Donald Trumps Dekret zu Einreisestopp für Menschen aus muslimischen Staaten Mit dem Einreiseverbot für Muslime sorgt Donald Trump einmal mehr für große Aufregung. In vielen US-Städten formiert sich Widerstand, angeführt von Senatoren, aber auch Unternehme
Malik al-Armash hat große Ziele. Er will in den USA studieren, in den USA ein Unternehmen gründen. Und seit fünf Monaten sieht es so aus, als baute er nicht nur Luftschlösser. Seit fünf Monaten lebt der junge Syrer aus Damaskus in Clarkston, einer Kleinstadt in der Nähe Atlantas, die in großer Zahl Flüchtlinge aufnimmt. Eine Bürgerinitiative namens „Refuge Coffee“hat ihm einen Job besorgt: Er verbringt seine Tage in einem Imbisswagen, um Kaffee zuzubereiten und an seinem Alltagsenglisch zu feilen. Es sind erste Schritte. Allmählich würde Ordnung in sein Leben einziehen, hatte Malik al-Armash geglaubt.
Nun aber hat Donald Trump, der neue Präsident, einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge sowie ein vorläufiges Einreiseverbot für Bürger aus sieben Staaten mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit verfügt – und das bringt große Unruhe in Malik al-Armashs neues Leben. 2012 hatte er Damaskus verlassen, nachdem er von Sicherheitskräften des Assad-Regimes zweimal verhaftet worden war. Dreieinhalb Jahre hatte er sich in der jordanischen Hauptstadt Amman durchgeschlagen, bis endlich grünes Licht aus Washington kam.
Nach zwölf Monaten im Südstaatennest Clarkston darf er sich um eine Green Card bewerben – das Papier, das ihm sowohl einen unbegrenzten Aufenthalt garantiert als auch eine Berufskarriere ermöglicht. Obwohl es vorläufig keine Anhaltspunkte gibt, dass sich daran etwas ändert, zweifelt der 23-Jährige plötzlich an allem und jedem. „Ich habe Angst, ich bin nervös, das will ich gar nicht verbergen“, sagt er zum STANDARD. „Ich habe Angst davor, dass sie mich zurückschicken.“
Nach Trumps Erlass werden die USA in den nächsten vier Monaten keinen einzigen Flüchtling mehr ins Land lassen. In dieser Zeit soll geprüft werden, wie man Antragsteller noch gründlicher als bisher durchleuchten kann. Die Aufnahme von Menschen aus Syrien wird sogar für unbestimmte Zeit ausgesetzt. Zudem darf in den nächsten drei Monaten kein Staatsangehöriger aus dem Irak, dem Iran, Syrien, Libyen, Somalia, dem Jemen und dem Sudan einreisen, sofern er nicht Diplomat oder aus sonstigen Sondergründen von dem Verbot ausgenommen ist. Das gilt auch für Menschen mit Green Card.
Das Dekret, von Kritikern als Kollektivstrafe bezeichnet, löste Chaos auf Flughäfen aus. In New York versuchten Anwälte etwa, zwei Iraker mit gültigen Visa aus dem Gewahrsam der Grenzkontrolleure zu holen. Das gelang erst nach dem Urteil einer Richterin, die eine Deportation untersagte. Einer iranischen Wissenschafterin, die in Boston forschen will, wurde die Einreise ebenso verweigert wie einer syrischen Flüchtlingsfamilie.
An Flughäfen in San Francisco, Washington und New York kam es zu Spontandemos.
Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, dessen Unternehmen wie die gesamte Hightech-Branche im Silicon Valley auf Talente aus aller Welt angewiesen ist, betonte, dass die USA ein Land der Einwanderer seien und stolz darauf sein sollten. „Meine Urgroßväter kamen aus Deutschland, Österreich und Polen“, die Eltern seiner Frau seien aus China und Vietnam geflohen. „Wir müssen die Sicherheit dieses Landes wahren. Das sollten wir tun, indem wir uns auf Leute konzentrieren, von denen tatsächlich Gefahr ausgeht.“
Kritik von Apple & Co
Apple-Chef Tim Cook kritisierte, Trumps Dekret entspreche „nicht der Politik, die wir unterstützen“. Netflix-Gründer Reed Hastings meinte, es sei an der Zeit, sich zusammenzutun und die amerikanischen Werte zu schützen. Google-Geschäftsführer Sundar Pichar kritisierte, Trump baue Barrieren für große Talente auf, die sich in den USA einbringen wollten. Microsoft-Chefjustiziar Brad Smith erklärte, man glaube an ein starkes Einwanderungssystem, außerdem müssten die USA Flüchtlingen Asyl gewähren. „Dieses Verbot hat Folgen für viele unschuldige Menschen“, beklagte UberChef Travis Kalanick.
Demokratische Kongressabgeordnete sprechen von einer Diskriminierung, die allem widerspreche, wofür die USA stünden. Der Freiheitsstatue weine, sagte Ex-Senator Chuck Schumer. Seine Parteifreundin Nancy Pelosi twitterte: „Diese Regierung verwechselt Grausamkeit mit Stärke und Vorurteile mit Strategie.“
Der Präsident dagegen erklärte, er habe ja gar kein pauschales Einreiseverbot erlassen. „Alles läuft gut. Das sieht man an den Flughäfen, das kann man überall sehen.“
Malik al-Armash aber macht sich große Sorgen um seine Verwandten in Syrien und Jordanien. Das Tor in die USA sei für sie womöglich auf Jahre verschlossen. „Und was aus mir wird, weiß ich auch nicht. Niemand hier weiß, was als Nächstes geschieht.“