Kopf des Tages
Die Agentin Gina Haspel wird Vizedirektorin der CIA. Kritiker fürchten die Wiederaufnahme umstrittener Foltermethoden.
In Langley reagierte man geradezu euphorisch auf die Nachricht von CIA-Chef Mike Pompeo, dass Gina Haspel seine Stellvertreterin für die Leitung des US-Auslandsgeheimdienstes sein wird.
Die 60-Jährige aus der Kleinstadt Ashburn bei Washington ist die Protagonistin einer hochpolitischen Personalie: Sie ist – nach Avril Haines, 2013 bis 2015 – erst die zweite Frau im Rang eines CIA-Vizedirektors. Und ihre Nominierung ist als Versöhnungsangebot von Donald Trump an die CIA selbst zu verstehen: Der Start der Zusammenarbeit war mehr als holprig, nachdem der Neopräsident Geheimdienstberichte über russische Cybermanipulation im USWahlkampf in Zweifel gezogen und öffentlich lächerlich gemacht hatte.
Hochpolitisch ist Haspels Ernennung aber nicht zuletzt aufgrund ihrer eigenen Biografie, über die – es lebe das Geheimdienstklischee – so gut wie nichts bekannt ist. Mit einer großen Ausnahme: Anfang der 2000er-Jahre leitete sie in Thailand ein CIA-Geheimgefängnis mit dem Codenamen Cat’s Eye (Katzenauge). Dort wurden laut Berichten diverser US-Medien wie Washington Post und Politico im Jahr 2002 mehrere Terrorverdächtige gefoltert – unter ihnen die Al-KaidaKämpfer Abd al-Rahim al-Nashiri and Abu Zubaydah. Sie seien dutzende Male Waterboarding ausgesetzt gewesen, einer Foltermethode, bei der der Gefangene fast ertrinkt – und die bereits von der Spanischen Inquisition im 16. Jahrhundert extensiv praktiziert wurde.
2005 soll Haspel dann mitverantwortlich für die Order gewesen sein, dutzende Videoaufnahmen dieser Folterpraxis zu vernichten. Im Jänner 2009 ließ US-Präsident Barack Obama direkt nach Amtsantritt diese Foltermethode verbieten. Haspels Ernennung sowie Äußerungen Trumps in den vergangenen Tagen könnten darauf hinweisen, dass man erwägt, den Bann solcher Methoden im Kampf gegen den Terror zu revidieren.
Den Großteil ihrer Agentenkarriere arbeitete Haspel einem Bericht der New York Times zufolge „undercover“, also mit falscher Identität, später auch offiziell auf diversen Posten im Ausland, unter anderem in London. 2013 blockierte die demokratische Senatorin Dianne Feinstein die Bestellung Haspels zur permanenten Chefin des koordinierenden Clandestine Service.
Aufseiten der Republikaner genießt die Agentin hingegen hohes Ansehen; unter anderem ist sie Trägerin des George H. W. Bush Award für große Verdienste um die Bekämpfung des Terrorismus.