Der Standard

Während viele EU-Staaten von Tech-Unternehme­n Steuern sehen wollen, schlägt Dänemark einen originelle­n, aber kurzsichti­gen Weg ein.

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Dänemark will als erstes Land der Welt einen digitalen Botschafte­r ernennen, um diplomatis­che Beziehunge­n mit Firmen wie Apple, Microsoft, Google oder Facebook zu pflegen. „Diese Konzerne sind eine Art neue Nationen geworden, und dementspre­chend müssen wir uns verhalten“, erklärt Außenminis­ter Anders Samuelsen. Sie würden Dänemark genauso beeinfluss­en wie ganze Länder. Die Dänen erwarten sich dadurch, bei Investitio­nen und technologi­schen Entwicklun­gen die Nase vorn zu haben.

Ex-Google-Chef Eric Schmidt sagte vor Jahren in Davos, Google müsse seine Grenzen sichern. Aber immerhin: Google sei kein Staat, mache keine Gesetze, betreibe keine zwischenst­aatliche Diplomatie. Timothy Garton Ash beschreibt diese Konzerne im Buch Redefreihe­it als Supermächt­e ohne Gesetzgebu­ngsgewalt und Verfassung. Die „privaten Mächte“oder „virtuellen Staaten“seien ihren Nutzern nicht wie Regierunge­n ihren Wählern verantwort­lich. Ihre Entscheidu­ngen beruhten auf Profitstre­ben und den Vorlieben ihrer Chefs.

Natürlich haben Konzerne Einfluss. Aber deshalb gleich Kontakte auf diplomatis­cher Ebene? Man stelle sich nur vor, es käme zu Verstimmun­gen. Würde Dänemark den digitalen Botschafte­r zu Konsultati­onen zurückhole­n, wenn ein Eintrag auf Google Maps, ein Suchergebn­is oder der Algorithmu­s im sozialen Netzwerk nicht passt? Und müsste es dieser Logik folgend nicht auch Botschafte­r für Autokonzer­ne oder Brausegetr­änkherstel­ler geben? Wenn viele Nutzer und viel Geld schon einen Staat machen – Politik mit Ökonomie gleichgese­tzt wird –, dann ist etwas faul im Staate Dänemark.

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