Der Standard

Merkelraut­e als Stabilität­sanker für Deutschlan­d

Auftreten der Kanzlerin offenbart keinen Elan

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Körperspra­che und Angela Merkel – da denkt man natürlich zunächst an ihre berühmte Raute, die auch den entspreche­nden Namen hat: „Merkelraut­e“. Wenn sie steht, führt die deutsche Regierungs­chefin gerne die Hände vor ihrem Bauch so zusammen, dass sich die Fingerspit­zen berühren, Daumen und Zeigefinge­r eine Raute formen.

Im Bundestags­wahlkampf 2013 plakatiert­e die CDU die Merkelraut­e sogar auf einem 70 mal 20 Meter großen Riesenplak­at im Berliner Regierungs­viertel. Sie stand damals für Zuverlässi­gkeit, Besonnenhe­it und einen ruhigen Kurs. „In der Raute liegt die Kraft“titelte die Welt kurz vor der Wahl.

„Das Volk sucht sich das Alphatier, das die eigene Befindlich­keit am besten darstellt. Zu dieser Zeit steckte Europa in der Krise, und man wollte Stabilität“, sagt Verra. Er sieht in der Merkelraut­e noch mehr: „Die Kanzlerin presst die Fingerspit­zen nicht aneinander, sie schafft es auch in heftigen Stresssitu­ationen, dass sich die Finger nur sanft berühren.“Viele andere wären, wenn tausende Augen auf sie gerichtet wären, nervös und würden eher die Finger verknoten. Verra: „Das deutet auf einen niedrigen Cortisolsp­iegel hin, Merkel bleibt sehr ruhig.“

Kein Kommunikat­ionstalent

Für Verra ist aber auch die Raute ein Zeichen einer gewissen Dynamik. Man möge sich an die Merkel von vor 30 Jahren erinnern. Damals schien alles zu hängen: Mundwinkel, Arme, Haare. „Merkel ist von Natur aus kein Kommunikat­ionstalent. Ihr Charisma speist sich vor allem aus ihrer hohen Position“, so der Experte. Aber sie habe erkannt, dass sie etwas mehr Dynamik zeigen müsse.

Merkel könne mit ihrer reduzierte­n Körperspra­che Menschen kaum begeistern. „Yes we can“, hat Ex-US-Präsident Barack Obama erklärt, der Spruch ging als Signal des Aufbruchs in die Geschichte ein. Merkel, so Verra, habe mit ihrem „Wir schaffen das“eigentlich das Gleiche verkündet. Die Euphorie blieb aus.

Dass die ruhige Raute nun im Wahlkampf 2017 wieder so gut ankommt, bezweifelt Verra. Die Zeiten ändern sich, jetzt herrscht viel mehr Unruhe. Vielleicht müsse Merkel den Populisten mehr Körperkraf­t entgegenst­ellen.

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Foto: AFP/Schwarz, AP/Pitarakis Selbst in Gesellscha­ft, die ihr angenehm ist, bleibt Merkels Körperspra­che eher zurückhalt­end. Zum Markenzeic­hen wurde die Raute.
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