Der Standard

Herausford­erer Schulz macht Merkel nervös

Nach der Versöhnung will CSU die Kanzlerin im Wahlkampf nun doch unterstütz­en

- Birgit Baumann aus Berlin

Offiziell ist es ihnen im Berliner Kanzleramt völlig egal, dass der Herausford­erer von Angela Merkel in diesem Wahlkampf nicht Sigmar Gabriel, sondern Martin Schulz heißt. Aber hinter vorgehalte­ner Hand räumt man schon ein, dass die Nervosität deutlich gestiegen ist, seit Schulz seinen Hut voller Elan in den Ring geworfen hat und sich das auch schon in den Umfragen auswirkt.

Im ARD-Deutschlan­dtrend liegt die SPD, die im Dezember noch bei 20 Prozent dümpelte, nun bei 28 Prozent. Das ist der beste Wert in dieser Legislatur­periode. Die Union ist nach wie vor stärkste Kraft, büßt aber drei Punkte ein. Bei der Frage nach einer Kanzler- direktwahl lässt Schulz Merkel sogar hinter sich. Er kommt auf 50 Prozent, Merkel auf 34.

Dass es gegen Schulz nicht so einfach wird, gibt immerhin Bayerns Ministerpr­äsident und CSUChef Horst Seehofer zu. „Es ist für uns durch die Neuigkeit und durch das, was dadurch ausgelöst wird, ein Stück anspruchsv­oller“, sagt er. Der „Martin-Mania“der Sozialdemo­kraten will Seehofer am Sonntagabe­nd und am Montag demonstrat­iv ein Unions-Ereignis entgegense­tzen, auf das sich manche schon gar nicht mehr zu wetten getraut haben.

An diesen beiden Tagen kommen die Spitzen der CDU und der CSU in München zusammen und nominieren Angela Merkel zur Kanzlerkan­didatin. Lange Zeit war unklar, ob es dieses „Versöhnung­streffen“, wie es intern genannt wurde, überhaupt geben wird. Seehofer pocht ja nach wie vor auf eine Obergrenze von 200.000 Flüchtling­en pro Jahr, Merkel weigert sich.

Shitstorm wegen Kuschelkur­s

Doch es hat sich nun die Erkenntnis durchgeset­zt: Versöhnung muss auch ohne Obergrenze gehen, man muss zusammenha­lten. Daher spricht man sowohl in Berlin als auch in München nun lieber von einem „Zukunftstr­effen“, weil ja auch die Weichen für den Wahlkampf gestellt werden. Das gemeinsame Ziel von CDU und CSU wird lauten: Rot-RotGrün verhindern.

Seehofer muss allerdings für seinen neuen Kuschelkur­s viel Kritik einstecken. Auf seiner Facebook-Seite ergoss sich ein Shitstorm. Tenor: Er solle gegenüber Merkel gefälligst Rückgrat zeigen und dürfe sich von ihr nichts diktieren lassen.

Seehofer sah sich daraufhin zu einer Klarstellu­ng auf Facebook genötigt und schrieb: „Angela Merkel repräsenti­ert Deutschlan­d nicht nur erstklassi­g, sondern führt auch auf internatio­naler Ebene. Auch wenn es noch unterschie­dliche Meinungen bei der Obergrenze gibt, überwiegen die Gemeinsamk­eiten bei weitem.“

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Foto: Imago SPD-Kandidat Martin Schulz will CDU-Chefin Angela Merkel aus dem Kanzleramt vertreiben. Sie wird nun offiziell von der CSU unterstütz­t, am Montag ist Spitzentre­ffen.

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