FPÖ-Tanzorganisator: „Es gibt ja auch den Jägerball“
Seit 1952 gibt es den Burschenschafterball in Wien. Seit 2008 wird wegen der Teilnahme von rechtsextremen Promis heftig demonstriert. Am Freitag war es wieder einmal so weit. 2700 Polizisten sollten den mittlerweile von der FPÖ organisierten Akademikerbal
Wien – Manche Bälle sind ein LastMinute-Geschäft. Wenige Stunden vor dem Akademikerball in der Wiener Hofburg waren dafür am Freitag noch in fast allen Kategorien Karten zu haben – von der Goldloge à 2000 Euro über „große Ballkarten“für jeweils 119 Euro bis hin zu normalen Damen- und Herrenkarten (85 Euro). Nur die Tischplätze im Zeremoniensaal waren laut Online-Reservierungsportal ausverkauft.
Doch für Udo Guggenbichler, FPÖ-Gemeinderat und Ballorganisator, gab es keinen Grund zur Klage. „Wir haben eine Steigerung an Gästen, wie jedes Jahr“, sagte er zum STANDARD. Heuer sollen mehr als 2000 Karten über den Vorverkaufsladentisch gegangen sein.
Während sich die Gäste des FPÖ-Balles noch gar nicht in Schale geworfen hatten, formierten sich auf dem Ballhausplatz – knapp außerhalb der Sperrzone – bereits am Nachmittag erste Proteste. Das Bündnis „Jetzt Zeichen setzen“lud um 16 Uhr zu einer „bunten Kundgebung“(alle Farben außer Braun) unter dem Motto „Keine Normalisierung des Rechtsextremismus“.
Der Akademikerball heißt seit 2013 so und wird seither auch von der Wiener FPÖ organisiert. Davor hieß die Veranstaltung Wiener Korporationsball (WKR), als Veranstalter fungierten schlagende Hochschulkorporationen. Erstmals gab es den Ball 1952, zuerst im Konzerthaus, später im Kongresszentrum der Hofburg, wo auch zahlreiche andere Bälle über die Bühne gingen und gehen.
Streichung aus Unesco-Liste
Ab 2008 verstärkten sich die Proteste gegen den WKR-Ball, weil immer wieder rechtsextreme Proponenten aus ganz Europa daran teilnahmen, darunter etwa Vertreter des französischen Front National und des Vlaams Blok aus Belgien. 2011 strich die Unesco den Eintrag „Wiener Ball“aus dem immateriellen Kulturerbe (IMK), weil auch der WKR-Ball auf der Liste der Bälle gestanden war. Schließlich kündigte auch die Betreibergesellschaft Hofburg Vien- na (auf Betreiben der darin vertretenen Casinos Austria) den Vertrag mit dem WKR. Woraufhin wiederum die Wiener Freiheitlichen als Veranstalter einsprangen und so den Burschenschaftern die Hofburg als Veranstaltungsort sicherten.
Zum Vorwurf, dass der Ball als Vernetzungstreffen rechter und rechtsextremer Gruppierungen genutzt werde, meint Ballvater Guggenbichler: „Was ist ein Vernetzungstreffen? Es gibt ja auch beispielsweise den Ball der Wiener Wirtschaft, der jedes Jahr von der ÖVP organisiert wird, oder den Jägerball.“Auch dort finde Kontaktpflege statt.
Bei den Protesten gegen den Ball gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Ausschreiungen, 2014 wurden in der Innenstadt zahlreiche Sachbeschädigungen begangen. 2015 und 2016 blieb es hingegen bei weitgehend friedlichen Protesten.
Zwei Demos abgesagt
Auch heuer erwartete die Polizei keine Randale. „Was wir nicht ausschließen können, ist, dass radikalisierte Kleingruppen sich nach den Demos zusammenschließen, um Störaktionen, Blockaden und Gewalt auszuüben“, sagte Johann Golob von der Wiener Polizei Freitagmittag im Gespräch mit dem STANDARD. Nach der Absage von zwei mobilen Kundgebungen sammelten sich Demonstranten um 17 Uhr, knapp vor Redaktionsschluss dieser STANDARD- Ausgabe, bei der Wiener Uni zu einem gemeinsamen Protestmarsch durch die City zum Stephansplatz. Erwartet wurden 2000 bis 5000 Teilnehmer.
Nicht auszuschließen war, dass die jüngste Ankündigung von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP), künftig die Versammlungsfreiheit zu beschränken (siehe Seite 13), mehr und heftigerer Proteste als bis zuletzt erwartet, auslösen könnte. Die Polizei mobilisierte insgesamt 2700 Beamte, darunter auch 30 Videoteams zur Beweissicherung. (mvu, ook, simo) pVideos und Ticker-Nachlese auf:
derStandard.at/Inland