Wie Donald Trump der Wirtschaft Süß- Saures gibt
Der vorerst letzte Coup der an Fakten schaffenden Handlungen nicht gerade armen Anfangszeit von US-Präsident Trump ist die Aufweichung der Bankenregulierung. Über allen Maßnahmen blinkt der Slogan „America first“.
ANALYSE: Wien/Washington – Halloween ist längst vorbei, die Zeit für Süßes oder Saures folglich auch; dennoch gibt es zumindest in den Anfangstagen der Präsidentschaft von Donald Trump in den USA von beidem etwas, fast täglich und nicht nur, aber auch die Wirtschaft betreffend.
Jüngster Streich ist die Bankenregulierung. Die will der erste Mann in Washington per Dekret zurückdrehen, in die Zeit vor Obama. Mit dem „Dodd-FrankGesetz“, benannt nach dem ExVorsitzenden des Ausschusses für Banken, Wohnungs- und Städtebau, Chris Dodd, und dem früheren Vorsitzenden des Ausschusses für Finanzdienstleistungen des US-Repräsentantenhauses, Barney Frank, sollte verhindert werden, dass eine Großbank mit Steuergeld gerettet werden muss. Das wird bald Geschichte sein.
Ausgerechnet Gary Cohn, der ehemalige Vizechef der Investmentbank Goldmann Sachs, war es vorbehalten, das Ende der von Bankenseite gehassten Regulierung per Zeitungsinterview ( Wall Street Journal am Freitag) zu verkünden und zu begründen.
Amerikaner würden eine vielfältigere Auswahl an besseren Produkten bekommen, wenn den Banken nicht jährlich hunderte Milliarden Dollar an Regulierungskosten aufgebrummt würden. Banken könnten, befreit von dieser schweren Last, Kunden ihre Finanzprodukte zu niedrigeren Preisen anbieten.
Außerdem, meinte Cohn, der sich nach seinem kürzlich erfolgten Abgang von Goldman Sachs als oberster Wirtschaftsberater von Trump verdingt, könne ein Gesetz der Vorgängerregierung gestoppt werden, das im Kern Finanzfirmen verpflichtet, bei Altersvorsorgeprodukten im Sinne der Kunden statt der eigenen Gewinnmaximierung zu handeln. Kein Wunder, das die Finanztitel an der New York Stock Exchange erneut abhoben.
Das, was Trump im ersten Dekret-Gewitter seit der Amtseinführung gezeigt hat, ist eine Politik, die auf Zuckerbrot und Peitsche setzt. Damit soll die Wirtschaft auf einen Kurs eingeschworen werden, der einem so einfachen wie plakativen Leitmotiv folgt: „America first“.
Branche für Branche
Die Autoindustrie war die erste große Branche, die er sich zur Brust nahm. Im Wissen um den Symbolgehalt mahnte er die Autobauer, die auch schon bessere Zeiten gesehen haben, in den USA zu investieren, Jobs für Amerikaner zu schaffen und Pläne im Ausland, und seien sie im benachbarten Mexiko, in Papierform zu belassen. Ob Ford, General Motors oder Fiat Chrysler: Die Unternehmenslenker äußerten sich zumindest in der Öffentlichkeit ver- ständnisvoll, was den Kurs von Trump betrifft. Zuvor hatte er ihnen Strafzölle angedroht, sollten sie Autos außerhalb der USA produzieren und in die Staaten reimportieren wollen.
Aber auch für andere Industriezweige stellt sich zunehmend die Frage, wie sie mit ihren Produktionsstandorten im Ausland umgehen sollen, nachdem „Made in America“unter dem neuen USPräsidenten das Maß aller Dinge zu werden verspricht. So hat Trump wiederholt geschworen, er werde auch Apple zwingen, die Produktion in die Vereinigten Staaten zu verlagern. Das dürfte aber gar nicht so einfach sein.
Apples schwierige Übung
Anders als US-Autokonzerne, die aus Kostengründen Fabriken im Ausland errichtet haben, haben sich Apples Arbeitsplätze nie in den USA befunden. „Die gesamte Wertschöpfungskette des iPhone-Herstellers befindet sich in China“, zitierte die Agentur AFP am Freitag einen Experten des Marktforschungsinstituts IHS Markit.
Jack Gold, ein anderer Technologieexperte, sagt, für Apple mache es keinen Sinn, sich sämtliche Komponenten kommen zu lassen, um in den USA Smartphones zu bauen. Bei einem iPhone 6S Plus, das derzeit 410 Euro kostet, entstünden Mehrkosten von 28 bis 93 Euro allein durch made in USA.
Vorerst sieht es nicht danach aus, als ob sich Trump von seinem Kurs abbringen lassen würde. Zur Besänftigung der Wirtschaft streckt er die Hand aus und reicht Brot mit Zucker – in Form von Steuersenkungen. Versprochen.