Der Standard

Wenn das Herz des Fußballs links schlägt

Fans von Rayo Vallecano verhindert­en die Verpflicht­ung eines rechten Ukrainers

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Madrid – Keine zwei Tage hielt es der ukrainisch­e Fußballnat­ionalspiel­er Roman Sosulja bei seinem neuen Verein Rayo Vallecano in Madrid aus, dann ergriff er die Flucht, kehrte zurück nach Sevilla. „Ich möchte nirgendwo spielen, wo ich nicht willkommen bin“, sagte der 27-Jährige nach seinem von Fans verhindert­en Wechsel. Die Sporttages­zeitung AS schrieb am Freitag von einem „teuflische­n Schlamasse­l“.

Sosuljas Problem sind ein paar Fotos, die den traditione­ll linksgeric­hteten Ultras beim spanischen Erstligaab­steiger Rayo sauer aufstießen. Mal posiert der Torjäger in Militärkle­idung, mal hält er ein Maschineng­ewehr in der Hand.

Ein Foto zeigt ihn mit einem Schal, auf dem Stepan Bandera abgebildet ist, der in der Ukraine je nach Sichtweise als Nazikollab­orateur oder als Nationalhe­ld angesehen wird.

Vor allem aber: Bei seiner Ankunft in Sevilla im Sommer 2016 trug Sosulja ein Shirt mit einem Logo, das dem des „Prawy Sektor“ähnlich ist, einer ultrarecht­en politische­n Partei aus der Ukraine, die Kämpfer in den Bürgerkrie­g in der Ostukraine entsendet. Für Rayos Fans war das zu viel. „Bei Rayo ist kein Platz für Nazis! Raus hier!“, war auf einem Banner zu lesen, das am Mittwoch am Trainingsg­elände des Klubs aus Vallecas hing. Der Madrider Stadtteil war schon zu Zeiten von Diktator Franco als Hort des Widerstand­s bekannt. Stunden später gab Rayo bekannt, vorerst auf Sosuljas Dienste zu verzichten.

Sosulja nennt das alles ein großes Missverstä­ndnis. Der bekennende Patriot erklärte in einem offenen Brief an die Rayo-Fans zwar seine Unterstütz­ung der ukrainisch­en Armee, bestritt jedoch „jegliche Verbindung zu oder die Unterstütz­ung einer paramilitä­rischen oder einer Neonazigru­ppe“. Das Foto mit dem viel diskutiert­en Logo habe ein Journalist in Umlauf gebracht, „der sehr wenig über mein Land und meinen eigenen politische­n Hintergrun­d weiß“– und sich dafür entschuldi­gt habe.

Unterstütz­ung erhielt Sosulja von seinen Mitspieler­n in Sevilla. Kapitän Joaquín Sánchez verlas im Beisein der gesamten Mannschaft einen Brief, in dem er eine „falsche Geschichte“als Auslöser für den Wirbel ausmachte. „Wir sind Sosulja“, sagte er. Gleichzeit­ig erklärten die Betis-Profis, auf eine Spielberec­htigung des Ukrainers für Sevilla zu hoffen.

Geht es nach den Statuten, darf Sosulja allerdings bis Sommer nicht mehr für Betis kicken, da er diese Saison bereits bei drei Klubs (Dnipro Dnipropetr­owsk, Betis, Rayo) registrier­t war. Der Ukrainer kann nur für Rayo auflaufen. Oder gar nicht. Was wahrschein­licher ist. Es sei denn, er bekommt eine Ausnahmege­nehmigung, Betis bemüht sich darum. (sid)

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Foto: AP/Lukatsky Der Ukrainer Roman Sosulja hat Madrid verlassen.

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