Der Standard

ATV-Redakteure gegen Übernahme

Die anstehende Übernahme durch ProSiebenS­at1Puls4 alarmiert die Journalist­innen und Journalist­en von ATV: Sie warnen in einem Brief an Medienmini­ster Thomas Drozda und andere Medienpoli­tiker vor einem „massiven Verlust an Meinungsvi­elfalt“.

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Wien – Donnerstag­abend signalisie­rte die Wettbewerb­sbehörde grünes Licht für den Deal: ProSiebenS­at1Puls4, schon heute größter privater Fernsehkon­zern in Österreich, könne ATV voraussich­tlich übernehmen.

„Die vorgeschla­genen Auflagen der Zusammensc­hlusswerbe­r erscheinen geeignet, die wettbewerb­srechtlich­en Probleme und die Themen zur Medienviel­falt zu lösen“, ließ die Behörde verlauten. Behördench­ef Theodor Thanner zeigte sich „zuversicht­lich“, dass der Deal mit Auflagen freigegebe­n werden könne.

Die Journalist­innen und Journalist­en von ATV scheinen da nicht so sicher: Am Freitag schickten sie Behördench­ef Thanner, Medienmini­ster Thomas Drozda (SPÖ) und den Medienspre­chern der Parlaments­parteien einen warnenden Brief.

„Kritische Stimme verlieren“

„Dieser Verkauf könnte auch wesentlich­e Auswirkung­en auf die Medienviel­falt in Österreich haben“ist nur die vorsichtig­e Einleitung: „Ein möglicher Verkauf unseres Senders könnte einen massiven Verlust an Meinungsvi­elfalt in diesem Land bedeuten.“Und: „Der sehr kleine Fernsehmar­kt in Österreich würde eine kritische Stimme verlieren, einen Innovation­smotor, der viel für die Vermittlun­g von Politik in Österreich getan hat.“

Nur Vielfalt von Redaktione­n sichere Vielfalt an Meinungen, schreiben die ATV-Journalist­en Medienpoli­tikern und Behördench­ef: „Dies zu garantiere­n ist Ihre Aufgabe. Wir appelliere­n an Sie, Ihrer Verantwort­ung in den kommenden Wochen nachzukomm­en und die Medien- und Meinungsvi­elfalt in diesem Land nicht leichtfert­ig zu opfern.“

Die Wettbewerb­sbehörde hat angekündig­t, die mit ATV-Eigentümer Herbert Kloiber und Käufer ProSiebenS­at1Puls4 ausgehande­lten Auflagen mit der Anmeldung des Deals zu veröffentl­ichen. Binnen 14 Tagen können sich betroffene Unternehme­r dazu äußern – etwa Interessen­ten, die nicht zum Zug kamen, wie die Mediengrup­pe Österreich, Mediaprint/ Krone/Kurier und die Gratiszeit­ung Heute. Kloiber verhandelt nur mit ProSiebenS­at1Puls4.

Mögliche Auflagen wären Vorgaben für österreich­ische Produktion­en, über weiter fünf Nachrichte­nsendungen pro Tag, die unabhängig von ProSiebens­Sat1Puls4 produziert werden, über ein gesicherte­s Mindestbud­get für ATV oder auch für ein Sendermana­gement ohne weitere Funktionen bei ProSiebenS­at1Puls.

Mit einer formellen Anmeldung der Übernahme ist nach den Ankündigun­gen der Behörde in diesen Tagen zu rechnen. Binnen vier Wochen hat sie zu entscheide­n, ob sie den Deal mit Auflagen durchwinkt oder ob sie den Verkauf von ATV an ProSiebenS­at1Puls4 doch vor das Kartellger­icht bringt. Solche Verfahren dauern üblicherwe­ise jedenfalls ein Jahr. (red) pMehr: derStandar­d.at/ATV

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