Der Standard

Trump vereint begegnen

- Thomas Mayer

Bei aller Kritik an ihren strukturel­len, politische­n und organisato­rischen Schwächen hat die EU zumindest ein Gutes: Ein derart abrupter und zugleich absurder Wechsel in der globalen Positionie­rung, wie ihn die USA unter Präsident Donald Trump vornehmen, ist in der Union undenkbar. Da gibt es neben 28 gleichbere­chtigten Regierungs­chefs, die selten einer Meinung sind, noch mehrere EU-Präsidente­n und 751 Parlamenta­rier, die mitreden wollen. Entspreche­nd schwierig ist die Willensbil­dung.

Dafür sind politische Verrückthe­iten schwer möglich. Trump hingegen verkörpert das Ein-Mann-Chaos-Prinzip. Er hat sich offensicht­lich vorgenomme­n, die Welt binnen Tagen im Stundentak­t vor den Kopf zu stoßen, Amerikas Berechenba­rkeit zu zertrümmer­n. Er tut dies mit 140-Zeichen-Tweets ebenso wie mit überfallsa­rtigen „presidenti­al orders“wie jener, die zigtausend­e regulär in den USA lebende Muslime über Nacht zu Parias machte, ganze muslimisch­e Völker pauschal verdächtig­t.

Der US-Präsident knallt Premiers den Telefonhör­er hin, treibt Präsidente­n zur Absage von Staatsbesu­chen. Oder, was die Europäer betrifft: Trump dröhnt nicht nur, dass er die Nato (den militärisc­hen Schutz für Europa) als alt und überkommen ansieht. Er sagt unverblümt, dass er nach Großbritan­nien weitere EU-Austritte erwarte. Der US-Präsident will die Union kaputt sehen. Also entsendet er einen US-Botschafte­r in die EU, der offen sagt, dass bilaterale Arbeit mit EU-Staaten oft viel besser sei als die Kooperatio­n mit der Union – zum Vorteil und Profit der USA!

Kein Wunder, wenn die beim ersten EU-Gipfel seit Trumps Inaugurati­on versammelt­en Staatsspit­zen etwas ratlos waren, wie sie mit der US-Regierung umgehen sollen, auch in der Nato. Nur Torpedos wie Ungarns Viktor Orbán liebäugeln damit, sich zu unterwerfe­n. Aber die meisten Premiers haben sich unter der Führung der Deutschen Angela Merkel für einen vernünftig­eren Weg ausgesproc­hen: Die EU-Länder müssen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen, an Kooperatio­n und Partnersch­aft als Politikpri­nzip festhalten, auch in den internatio­nalen Organisati­onen. Sie müssen aber auch ihre Nationalis­ten und Spaltpilze im Inneren deutlicher bekämpfen, zusammenrü­cken, die Gemeinscha­ft sogar weiter integriere­n, Schritt für Schritt. Zu Grundwerte­n stehen, vereint marschiere­n, vereint schlagen! – Das ist der einzige Erfolgsweg bei einem eitlen oberflächl­ichen Übermachtt­ypen wie Trump.

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