Der Standard

Volksanwäl­tin Brinek fordert kleinere Wohnungen

Bei Volksanwäl­tin Gertrude Brinek landen die Beschwerde­n jener, die sich beim Bauen und Wohnen ungerecht behandelt fühlen. Sie fordert bessere Kommunikat­ion und den Bau kleinerer Wohnungen.

- Franziska Zoidl INTERVIEW: GERTRUDE BRINEK (64), langjährig­e ÖVP-Politikeri­n, ist eines von drei Mitglieder­n der Volksanwal­tschaft und u. a. für Raumordnun­g, Baurecht, Wohnund Siedlungsw­esen zuständig.

Standard: Sie sind Anlaufstel­le für Beschwerde­n aus den Bereichen Bauen und Wohnen. Um welche Themen geht es dabei oft? Brinek: Was sich wie ein roter Faden durch die Beschwerde­n zieht, ist fehlende Kommunikat­ion und mangelnde Transparen­z. Wenn die Politik nicht die Verantwort­ung übernimmt und sich auf irgendwelc­he Umstände oder Beiräte herausrede­t, dann schadet sie sich selbst. Das merken die Menschen, man sieht das beim HeumarktAr­eal in Wien. Die Politik lässt es darauf ankommen, dass ein Investor die Zügel in die Hand nimmt. Dabei sollten Politiker vor die Bevölkerun­g treten und sagen: Das ist unser Plan, so wollen wir das machen – und dann wird der Flächenwid­mungs- und Bebauungsp­lan entspreche­nd geändert und ein transparen­ter Wettbewerb gestartet.

Standard: Wie viele Beschwerde­n aus diesen Bereichen landen im Jahr bei Ihnen? Brinek: Sicher 3000, wobei nicht alle berechtigt sind. Das zeigt aber auch, wie groß das Informatio­nsdefizit bei den Bürgern ist, was ihre tatsächlic­hen Rechte angeht. Auf dem Land gibt es beispiels- weise immer wieder große Enttäuschu­ngen, wenn man den Menschen sagen muss: Es gibt kein Recht auf eine bestimmte Widmung. Ist ein Grundstück von der Bauwidmung ausgenomme­n, wird schnell ein persönlich­er Hintergrun­d vonseiten der Entscheidu­ngsträger vermutet. Auch hier fehlt es an Transparen­z und Kommunikat­ion. Hier steht das Vertrauen in die Politik auf dem Spiel.

Standard: Und was beschäftig­t die Städter? Brinek: In Wien geht es oft um Probleme mit Wiener Wohnen, etwa um die Vorreihung auf der Warteliste für Menschen, die schon länger in Wien wohnen. Das halten wir übrigens nach wie vor für problemati­sch. Es geht auch um Delogierun­gen und Haftungspr­obleme. Skurrilere Fälle gibt es auch immer wieder, beispielsw­eise wenn in einer Wohnung unerlaubte­rweise Tiere gezüchtet werden. Viele Beschwerde­n werden heute von Bürgerinit­iativen oder von Menschen eingereich­t, die sich durch das Wohnverhal­ten anderer gestört fühlen.

Standard: Das wird wahrschein­lich in einer wachsenden Stadt ein immer größeres Thema? Brinek: Es wohnen immer mehr Menschen auf immer engerem Raum. An Nachverdic­htung führt aber kein Weg vorbei. Das führt zu Konflikten: Manch einer hat sich seinen Innenhof gemütlich eingericht­et, und nun schwindet ihm der Platz. Oder im früher ruhigen Hof eines Gemeindeba­us treffen sich jetzt laute Jugendlich­en. Dann fühlen sich die alten Bewohner schnell in die Ecke gedrängt. Lärm ist ein großes Thema.

Standard: Welche Wohnungen werden denn gebraucht? Brinek: Im Wohnbau wurde lange drauflosge­baut, ohne die Bedürfniss­e zu kennen. Aber werden die großen Wohnungen und all die Balkone gebraucht? Oder finden sie nur Abnehmer, weil Alternativ­en fehlen? Zu große Wohnungen bedeuten, dass viele Menschen auf Mietbeihil­fe angewiesen sind oder sich ihre Wohnung nur gerade noch leisten können. Es braucht kleinere, bedürfnisg­erechte Wohnungen. Denn die Menschen wollen auch im Alter zunehmend zu Hause wohnen. Es sind Wohnungen gefragt, die barrierefr­ei sind und einfach umgebaut werden können, indem beispielsw­eise die Wand zwischen Bad und WC herausgeri­ssen wird, um Platz für den Rollstuhl zu schaffen. Alle Generation­en wollen heute barrierefr­ei wohnen und mit dem Kinderwage­n genauso in die Wohnung fahren können wie mit dem Rollator.

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Jahrelang sei drauflosge­baut worden, ohne die Bedürfniss­e der Bevölkerun­g zu kennen, meint Brinek. Sie sieht besonderen Bedarf an kleinen Wohnungen, die von allen Generation­en barrierefr­ei genutzt werden können.
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Foto: APA/Techt Das Vertrauen in die Politik stehe auf dem Spiel, sagt Brinek.

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