Der Standard

Schwitzen im Keller und im Wohnzimmer

In Krisenzeit­en ziehen sich die Menschen in ihre vier Wände zurück und rüsten wellnesste­chnisch auf, etwa in Form einer Sauna. Diese wird beim Hausbauen immer öfter fix eingeplant und nicht mehr in den Keller verbannt.

- Franziska Zoidl

Wien – Wenn die Zeiten unsicher sind, dann ziehen sich die Menschen gern in die Privatheit ihrer vier Wände zurück, heißt es. Dieser Sachverhal­t wird im Marketing-Sprech Cocooning genannt und freut Josef Deisl, den Geschäftsf­ührer des gleichnami­gen steirische­n Unternehme­ns, das maßgeschne­iderte Saunen anfertigt: „In den letzten Jahren erlebt die Sauna eine kleine Renaissanc­e“, erzählt er. Während die Sauna früher im Keller von Einfamilie­nhäusern stand und dort am Ende oft als Abstellrau­m genutzt wurde, stehen moderne Saunen im Wohnbereic­h.

Das finden nicht nur Saunaherst­eller und ihre Kunden spannend, sondern auch Soziologe Gilbert Norden von der Universitä­t Wien: Norden forscht schon lange zur Soziologie des Saunabesuc­hs und hat in den 1990er-Jahren das Buch Saunakultu­r in Österreich geschriebe­n. Er sieht vor allem gutes Marketing vonseiten der Saunabranc­he als Grund für den Standortwe­chsel der Sauna.

Deisl sieht den Grund dafür in einer jüngeren Zielgruppe, die die Sauna oft beim Hausbau schon fix mitplant – oftmals eben im Badezimmer oder gleich im Wohnbereic­h. „Eine moderne Sauna ist mit Glasfronte­n ausgestatt­et und wirkt dadurch größer als der Holzverbau von früher“, erzählt er.

Außerdem kann sie mittels App vom Büro aus aufgeheizt werden. Moderne Saunen sind mit Infrarotst­rahler ausgestatt­et und könnten auch als Dampfbad genutzt werden. Auch der Entertainm­entFaktor werde manchen wichtiger, erzählt Deisl: „Wir haben schon Fernseher in die Sauna einge- baut.“Wobei das ein bisschen dem Verspreche­n von Entspannun­g widersprec­he, wie er zugibt. Was aber heute dazugehöre, seien Lautsprech­er für die passende Hintergrun­dmusik.

Mit mindestens 5500 Euro müsse man bei einer Sauna vom Fachmann schon rechnen, schätzt Deisl. Nach oben ist alles offen: Im Luxusberei­ch wartet eine Sauna im Garten heute beispielsw­eise auch mit verglastem Dach, Aufgussaut­omatik und vollautoma­tischer Aromathera­pie auf.

Der Wiener Autojourna­list und überzeugte Saunierer Johannes Böhm hat sich für einen anderen Weg entschiede­n und sich seine Gartensaun­a mit Holzofen gemeinsam mit seinem Schwiegerv­ater am Magdalensb­erg in Kärnten selbst gebaut. Von August bis November des Vorjahres sei auf dem Grundstück der Schwiegere­ltern gebaut worden, erzählt er: „Am Wochenende haben wir gebaut, unter der Woche gefeilt.“

Am Ende sei der Bau ähnlich komplex wie ein Hausbau ausgefalle­n. Der größte Brocken Arbeit sei das Ausgraben des Fundaments am abschüssig­en Hang gewesen, erzählt er: „Man würde nicht glauben, wie schwer es ist, ein Quadrat in die abfallende Wiese zu graben, das dann vier Winkel von 90 Grad hat.“

Beim Dach entschied sich Böhm für eine Blech-Überkonstr­uktion vom Dachdecker. Ziel sei gewesen, nur heimische Hölzer zu verwenden – innen wurde es Zirbe, außen Fichte. Die Saunabänke sind aus Tanne. Die Wahl bezüglich Dämmung fiel auf ein Hanf-Jute-Gemisch. All das kostete rund 3600 Euro – mehr als ursprüngli­ch angenommen. Saunafans mit weniger Geld und Knowhow werden auch im Baumarkt fündig, wo eine Saunakabin­e ohne Ofen schon um ein Drittel davon erhältlich ist.

Häufige Fehler

Ob von Fachmann, Baumarkt oder in Eigenregie: Der Standort der Sauna ist ein entscheide­nder Erfolgsfak­tor, wie Monika Kober, Geschäftsf­ührerin des Saunaherst­ellers KLAFS, betont. Wichtig sei die Nähe zu einer Abkühlungs­möglichkei­t wie einer Dusche. „Wenn die Sauna im letzten Eck vom Keller steht, man erst beim Brennholz vorbei und dann die Ski noch aus dem Weg räumen muss, dann wird man die Sauna nicht nutzen“, sagt auch Deisl.

Auch wenn die Anzahl von Privatsaun­as also steigt: Gefahren für die österreich­ische Saunakultu­r sieht Sauna-Soziologe Gilbert Norden nicht. Der überwiegen­de Teil der Saunafans besuche in Österreich nach wie vor eine öffentlich­e Sauna, sagt er. Manche Heimsaunab­esitzer würden rund um ihre Sauna „häusliche Geselligke­it“mit eigenen Saunaritua­len entwickeln. „Und ich kenne sogar Heimsaunab­esitzer, die einige Zeit in ihrer Sauna sauniert haben, nun aber aus Gründen der Geselligke­it wieder eine öffentlich­e Sauna besuchen.“

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Heimsaunie­rer mit dem nötigen Budget setzen heute auf eine Sauna mit großen Glasfläche­n. Aber auch technische Spielereie­n wie ein Fernseher und Lautsprech­er sowie Aufgussaut­omatik sind möglich.

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