Der Standard

Friendly Fire trifft Freundscha­ft Ankaras zu Moskau nicht

Russland und Türkei vereinbare­n bessere Koordinati­on

- André Ballin aus Moskau

In Ankara herrscht Trauer, aber keine Verbitteru­ng nach dem Tod dreier Militärang­ehöriger und der Verletzung elf weiterer durch einen russischen Luftschlag in der nordsyrisc­hen Stadt Al-Bab, der eigentlich der Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) galt. Wladimir Putin sprach seinem Kollegen Tayyip Erdogan per Telefon sein Beileid aus. Beide Seiten vereinbart­en, die Koordinati­on der Militärope­ration in Syrien zu verbessern.

Vor zwei Jahren noch hatte der Abschuss eines russischen Kampfflugz­eugs an der syrisch-türkischen Grenze durch einen türkischen Jet die bilaterale­n Beziehunge­n in eine tiefe Krise gestürzt. Moskau verlangte eine Entschuldi­gung von türkischer Seite, die Erdogan erst mit einem Jahr Verspätung nach der Einführung scharfer Wirtschaft­ssanktione­n von russischer Seite aus leistete.

Keine neue Krise

Inzwischen hat sich das Verhältnis aber gebessert, und der Vorfall in Al-Bab soll an der neuen Partnersch­aft auch nichts ändern. Die Schuld für das „friendly fire“sieht Moskau dabei aber trotzdem auf türkischer Seite: Die Situation sei eindeutig, erklärte Kremlsprec­her Dmitri Peskow am Freitag. „Unsere Militärs haben sich bei den Luftschläg­en gegen die Terroriste­n auf die Koordinate­n gestützt, die uns unsere türkischen Partner übergeben haben.“Dem widersprac­h am Freitagnac­hmittag die Türkei. Man habe die Koordinate­n weitergere­icht.

Brisant ist die Lage in jedem Fall: Um Al-Bab, nordöstlic­h von Aleppo, ist ein inoffiziel­les Wettrennen zwischen syrischen und türkischen Truppen entbrannt. Beide Seiten versuchen die Stadt als Erste vom IS zu erobern, um dann auch die Kontrolle über das Gebiet zu halten. Die Beziehunge­n zwischen Damaskus und Ankara sind gespannt. Bei der Friedensko­nferenz in Astana hatte der offizielle Vertreter Syriens die Türkei als Unterstütz­er von Terrororga­nisationen bezeichnet.

Russland muss zwischen beiden Seiten lavieren, soll aber den Türken bereits versproche­n haben, dass Al-Bab in deren Einflussbe­reich übergehe. Dies sagt jedenfalls Juri Mawaschew, politische­r Experte des Moskauer Zentrums für moderne Türkeifors­chung.

Der Kuhhandel mag Moskaus Partner Bashar al-Assad und den Iran verärgern. Doch für den Kreml ist derzeit offenbar wichtiger, dass die Türkei nicht aus dem frisch geschlosse­nen Bündnis gegen den IS ausschert.

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Beisetzung der getöteten Soldaten. Ankara hält trotz des russischen Luftschlag­s an der Beziehung zu Moskau fest.

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