EZB-Direktor deutet erstmals Umdenken bei Zinsen an
Bisher geht der Ausblick der EZB von sinkenden oder gleichbleibenden Zinsen aus. Das möchte Direktor Yves Mersch nun ändern und die Kommunikation der Notenbank sukzessive anpassen. Am Kaufprogramm für Staatsanleihen will er aber festhalten.
Frankfurt – Die Europäische Zentralbank (EZB) sollte nach Einschätzung von Notenbank-Direktor Yves Mersch ihren Zinsausblick bald ändern. Notwendige graduelle Anpassungen in der Kommunikation dürften nicht verschleppt werden, sagte das Mitglied des sechsköpfigen Führungsteams der EZB am Freitag auf einer Veranstaltung. Er stellte die Frage, „wie lange wir noch von niedrigeren Zinsen als geldpolitischer Option reden können“.
Bisher gingen die Euro-Wächter in ihrem Ausblick davon aus, dass die Schlüsselzinsen weit über ihre Anleihenkäufe hinaus auf dem aktuellen oder einem niedrigeren Niveau bleiben werden. Kippt die EZB ihre Option auf noch tiefere Zinsen, würde dies am Kapitalmarkt voraussichtlich als Signal gewertet, dass sie sich langsam in Richtung einer Abkehr von der ultralockeren Geldpolitik bewegt. Die Leitzinsen liegen seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Zudem müssen Banken 0,4 Prozent Strafzinsen zahlen, wenn sie über Nacht Geld bei der EZB parken.
Mersch machte aber klar, dass die Währungshüter an ihrem billionenschweren Anleihenkaufprogramm festhalten werden. Die EZB hatte die umstrittenen Käufe bis Ende 2017 verlängert, wodurch deren Gesamtvolumen auf 2,28 Billionen Euro anschwillt. Im Jänner war die Inflation im Euroraum wegen höherer Energiepreise auf 1,8 Prozent gestiegen. Damit ist die Teuerung wieder nahe an das Ziel der Notenbank von knapp zwei Prozent herangerückt. „Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer“, sagte Mersch, der trotzdem eine weiter verhaltene Inflation erwartet. (Reuters, red)