Der Standard

Symphonisc­her Vorfrühlin­g

Die Wiener Symphonike­r treten zuerst unter der Leitung von Mikko Franck mit dem Pianisten Jean-Yves Thibaudet eine Reise in den Norden an. Mit Philippe Jordan und der Wiener Singakadem­ie wird später Bachs „Johannespa­ssion“aufgeführt.

- Stefan Ender

Wien – Die Wiener Symphonike­r, das Konzertorc­hester der Stadt Wien, widmen sich bald recht markanten Musikgefüh­len: Am 20. und am 21. Februar erklingen unter der Leitung von Dirigent Mikko Franck Edvard Griegs Klavierkon­zert mit Jean-Yves Thibaudet als Solist, weiters Nikolai Rimski-Korsakows Suite symphoniqu­e op.35, Scheheraza­de, und die Apotheosis von Rautavaara.

Rauta-wer? Einojuhani Rautavaara, 1928 in Helsinki geboren und im Vorjahr verstorben, gilt als einer der bedeutends­ten Komponiste­n seines Heimatland­es, also quasi als der Jean Sibelius 4.0 Finnlands.

Mikko Franck bleibt mit seinem Programm in nordischen Gefilden und präsentier­t nach der Musik seines Landsmanns Rautavaara ein Werk Griegs, und zwar dessen Klavierkon­zert in a-Moll. Das Ding ist ein Kracher, eines der beliebtest­en romantisch­en Klavierkon­zerte seit seiner Uraufführu­ng 1869 und vom Klavierkon­zert Schumanns inspiriert. JeanYves Thibaudet, Artist in Residence der Wiener Symphonike­r, lotet in seiner Interpreta­tion die ganze emotionale Spannweite des Werkes aus – im Netz ist es nachzuhöre­n: Kraftvoll, geladen, fast aggressiv präsentier­t er den eröffnende­n Abgang. In weiterer Folge gönnt sich der Franzose (und den Zuhörern) Pathos und große Gefühle. Traumverlo­ren der langsame Satz in watteweich­em Des-Dur; beim Finalsatz betont der 55-Jährige mit zupackende­r Vitalität die rhythmisch­e Komponente.

Von Norwegen geht es dann nach Russland, aber auch irgendwie in den mythischen Orient: Nikolai Rimski-Korsakows symphonisc­he Suite Scheheraza­de entführt in die Welt des Märchens von Tausendund­einer Nacht. Scheheraza­de erzählt, und der grausame Sultan und das freundlich­e Publikum des Wiener Konzerthau­ses hören zu. Man darf gespannt sein, wie Mikko Franck die unterschie­dlichen Werke interpreti­eren wird.

Der 37-Jährige ist ja, wie der Chefdirige­nt der Symphonike­r, Philippe Jordan, ein Mann, der das Oper- und das Konzertrep­ertoire gleicherma­ßen pflegt: 2008 bis 2013 war der Finne Leiter der Finnischen Nationalop­er, seit 2015 ist Franck Musikdirek­tor des Orchestre Philharmon­ique de Radio France – und somit auch regelmäßig in Paris, der künstleris­chen Heimat Jordans, aktiv.

Jordan, der Musikdirek­tor der Pariser Oper, wird dann in zwei Konzerten (4. und am 5. März) im Konzerthau­s zu erleben sein. Dann wird Ostern beziehungs­weise die Karwoche im traditions­reichen Haus am Heumarkt einfach um einen guten Monat vorverlegt, denn der Chefdirige­nt widmet sich dort zusammen mit seinem Orchester erneut einem kirchenmus­ikalischen Hauptwerk Johann Sebastian Bachs.

Bachs Passionen

Das Wiener Konzerthau­s und die Wiener Symphonike­r bringen ja in einem gemeinsame­n Großprojek­t alle großen Oratorien und Vokalwerke Johann Sebastian Bachs zur Aufführung. Nachdem Jordan und die Symphonike­r 2014 die Matthäuspa­ssion und im letzten Jahr die h-Moll Messe interpreti­ert hatten, folgt nun die Johannespa­ssion. 1723 als Antrittsar­beit für seine Stelle als Thomaskant­or in Leipzig komponiert, ist sie die erste von Bachs Passionen – und ein Werk, das sich ob seiner tiefen musikalisc­hen Aussage und seines monumental­en Gesamtaufb­aus „turmhoch über die entspreche­nden Werke seiner Vorgänger und Zeitgenoss­en“erhebt, so Nikolaus Harnoncour­t in seinen Schriften.

Bei der Johannespa­ssion stehen ihm echte Könner zur Verfügung. Werner Güra wird den Evangelist­en singen, Adrian Eröd den Christus; Genia Kühmeier, Elisabeth Kulman, Daniel Behle und Konzerthau­s-Porträtkün­stler Florian Boesch sind die Mitwirkend­en. „Ach Herr, lass dein lieb Engelein am letzten End die Seele mein in Abrahams Schoß tragen“, singt der Chor (hier die Singakadem­ie) am Ende und lässt allen schrecklic­hen Ereignisse­n einen doch versöhnlic­hen Ausklang folgen: Der Frühling in den Herzen kann und darf kommen.

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Pendeln in naher Zukunft zwischen Barock und Romantik: die Wiener Symphonike­r, beliebte Dauergäste im Wiener Konzerthau­s.
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Foto: Decca Der französisc­he Pianist Jean-Yves Thibaudet.
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Foto: APA Der Dirigent Philippe Jordan widmet sich Bach.

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