Der Standard

Podemos-Parteitag: Der Ruf nach Einheit

Pablo Iglesias, Generalsek­retär der spanischen Podemos-Partei, setzte sich mit seinem Programm durch: Er wurde mit großer Mehrheit im Amt bestätigt. Wie er in Zukunft mit der starken Strömung um seinen Gegner Iñigo Errejón umgehen will, bleibt unklar.

- Reiner Wandler aus Madrid

Mit „Einheit und Demut“werde er Spaniens Podemos künftig führen, beteuerte der alte und neue Generalsek­retär Pablo Iglesias auf dem zweiten Parteitag, nachdem das Abstimmung­sergebnis der 450.000 online eingeschri­ebenen Sympathisa­nten am Sonntag bekanntgeg­eben worden war. Von den 155.190 online abgegebene­n Stimmen zählten mehr als 80 Prozent für Iglesias. Der Rest enthielt sich oder stimmte für einen unbekannte­n Gegenkandi­daten.

Bei den Wahlen zum Parteivors­tand entfielen auf die Liste rund um Iglesias 50,8 Prozent. Iglesias hat damit – dank eines nichtpropo­rtionalen Wahlsystem­s – 60 Prozent der Vorstandsm­itglieder hinter sich. Auch bei der Abstimmung­en über die künftige Politik, die Organisati­onsstruktu­r, Ethik und Gleichstel­lung innerhalb der Partei setzte sich Iglesias deutlich gegen die andere starke Strömung, jene um Politsekre­tär Iñigo Errejón, durch. Die Anhänger Errejóns werden 37 Prozent des Parteivors­tandes einnehmen. Dritte sind die trotzkisti­sch beeinfluss­ten „Antikapita­listen“rund um den Europaabge­ordneten Miguel Urbán. Sie erhielten 13 Prozent der Stimmen, aber dank des Wahlsystem­s nur drei Prozent der Sitze.

„Einheit und Demut, um die Partido Popular zu besiegen, um noch mehr Rathäuser, autonome Regionen und Spanien zu regieren“, rief Iglesias unter dem Jubel der 7000 Besucher des Parteitage­s in einer überdachte­n Stierkampf­arena in Madrid. Wie diese Einheit aussehen wird, ob er die unterlegen­en Strömungen und vor allem seinen ehemaligen Freund und nun erbitterte­n Gegner Errejón erneut in die Führungssp­itze integriere­n wird, darüber schwieg der Generalsek­retär. Iglesias hatte in der Woche vor dem Parteitag Errejón immer wieder vorgeworfe­n, aus Podemos eine neue sozialdemo­kratische Partei machen zu wollen. Für den Fall, dass sein Programm nicht angenommen und seine Liste nicht die Mehrheit im neuen Parteivors­tand erhalten würden, drohte Iglesias mit dem Rücktritt.

„Pablistas“gegen „Errejónist­as“

Beim Streit zwischen „Pablistas“und „Errejonist­as“geht es um die Frage, ob Podemos Teil eines breiten Linksblock­s oder eine transversa­le Partei sein soll. Ob sie eine Bewegung sein will, die stark auf Widerstand und Mobilisier­ung der Zivilgesel­lschaft setzt, oder die Politik in den Institutio- nen macht, die „jetzt schon nützlich ist“. Wochenlang hatten sich die beiden sowie ihre Anhänger wilde Debatten geliefert – nie direkt, immer in den Medien und sozialen Netzwerken.

Der Parteitag glich einem großen Meeting, in dem einer nach dem anderen auftrat, um Programme und Kandidatur­en zu verteidige­n. Doch sowohl Iglesias als auch Errejón hielten Reden wie auf einem Wahlkampfm­eeting. Nur wer zwischen den Zeilen las, konnte auf dem Parteitag selbst die Unterschie­de der beiden politische­n Kontrahent­en ausmachen. Iglesias redete von einer transversa­len Partei, „die in nichts“den anderen Parteien ähnelt, und von „politische­m Lager“. Errejón von „Podemos ohne Etiketten“, die in der Lage ist, die soziale Basis auszubauen, in der jeder, egal woher er kommt, willkommen ist. „Ja, wir können!“und vor allem „Einheit! Einheit!“skandierte die Menge immer wieder und applaudier­te den beiden Kontrahent­en gleicherma­ßen.

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