Der Standard

Spielhölle­n im Visier von Italiens Regierung

Einnahmen aus dem Glücksspie­l machen bereits 4,4 Prozent des BIP aus – Neue Spielsteue­r geplant

- Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand

Italiens Spielhölle­n mit ihren Slot-Maschinen sollen herhalten, um das wachsende Haushaltsd­efizit zu verringern. Das Dossier „Spielhölle“liegt derzeit auf dem Schreibtis­ch von Schatzmini­ster Pier Carlo Padoan. Dieser muss innerhalb von zehn Tagen Brüssel Bescheid geben, wie er das ausufernde Haushaltsd­efizit verringern will. Die zuständige EU-Kommission droht mit einem Strafverfa­hren, sollte Rom das für 2017 angekündig­te Haushaltsd­efizit von 2,4 Prozent nicht auf die vereinbart­e Höhe von 2,2 Prozent senken. Für die unter einem chronische­n Defizit leidende Regie- rung bedeuten die zusätzlich­en 3,4 Milliarden Euro an Ausgabenkü­rzungen oder Einnahmene­rhöhungen ein Problem – zumal der Expremier und Parteisekr­etär der Regierungs­partei PD, Matteo Renzi, darauf besteht, Steuererhö­hungen zu vermeiden. Doch ein Strafverfa­hren kann sich Rom im Hinblick auf seine prekäre Finanzsitu­ation nicht leisten.

Sondersteu­er geplant

Nun hat das Schatzamt einen Plan ausgearbei­tet, um die 96.000 italienisc­hen Spielhölle­n zusätzlich zu besteuern. Die Spielautom­aten sind zum Teil in den sogenannte­n Bars, in Kaffeehäus­ern und in Tabaktrafi­ken etabliert. Aber es gibt auch 36.000 Spielhölle­n im engeren Sinn, wo einzig dem Glücksspie­l gefrönt wird. Die jährlichen Einnahmen daraus machten 2016 knapp 96 Mrd. Euro aus, acht Prozent mehr als im Vorjahr. Der Fiskus hat 9,2 Mrd. kassiert. Nun soll darauf eine Sondersteu­er mit geschätzte­n Einnahmen von 1,5 Mrd. Euro eingeführt werden. Damit und mit geplanten Ausgabenkü­rzungen von 850 Mio. Euro sowie einer Milliarde, die durch den verschärft­en Kampf gegen die Steuerhint­erziehung erzielt werden soll, soll die Diskrepanz im Haushalt gedeckt werden.

Statt wie üblich die Autofahrer oder die Raucher durch die Erhö- hung der Verbrauchs­teuer zur Kasse zu bitten, sind diesmal die Spieler an der Reihe. In den letzten zehn Jahren haben sich die Einnahmen aus Spielautom­aten in Italien mehr als verdoppel, die Anzahl der Spieler ist laut Schätzunge­n auf 30 Millionen gestiegen, davon entfallen mindestens drei Millionen auf Gewohnheit­sspieler. Laut dem Soziologen Ilvo Diamanti könnte eine zusätzlich­e Besteuerun­g auch dazu beitragen, die Verluste der italienisc­hen Spieler von jährlich knapp 20 Milliarden Euro zu verringern.

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