Der Standard

Im Brennpunkt des bewaffnete­n Langlaufs

OK-Chef Berger nennt Biathlon-WM trotz ÖSV-Flaute „ein gelungenes Werk“– Gold für Fourcade und Dahlmeier in der Verfolgung

- Florian Vetter

Hochfilzen – Dass Hochfilzen zum europäisch­en Biathlon-Brennpunkt mutiert ist, fällt nicht auf den ersten Blick auf. Da hängt eine kleine Fahne von einem Balkonfens­ter, dort ein über die Bundesstra­ße gespanntes WM-Spruchband. Der örtliche Nahversorg­er bietet diverse Fan-Utensilien an, in der Bäckerei gibt’s WM-Mehlspeise­n. Spätestens nach dem ersten WM-Wochenende herrscht aber Euphorie im Pillerseet­al. Auch wenn österreich­ische Medaillen bisher ausbleiben.

Wie die Sprints war auch die Verfolgung der Herren große Werbung für die Loipenjagd. Nach Bronze über 10 km verteidigt­e Dominator Martin Fourcade seinen Titel über 12,5 km erfolgreic­h. Der Franzose holte vor Johannes Thingnes Bö (+22,8 Sekunden) Gold. Dessen norwegisch­er Landsmann, die 43-jährige Legende Ole Einar Björndalen wurde Dritter (25,6), gewann seine 45. WM-Medaille. Julian Eberhard belegte Platz acht. „Meine Leistung war nicht so schlecht, das Niveau der anderen war einfach brutal hoch“, sagte der Salzburger. Simon Eder landete auf Platz zwölf, lobte seine Laufleistu­ng und die Serviceleu­te. „Mit drei Fehlern um zehn Plätze verbessert – wir haben Topmateria­l.“

Während der WM rauchen die Schlote des Magnesitwe­rks in Hochfilzen ebenso weiter wie der Kopf von Franz Berger. Der Chef des WM-Organisati­onskomitee­s ist im Dauerstres­s, aber stolz. „Die WM ist ein gelungenes Werk. Und in dieser Dimension war das immer mein Wunsch“, sagt der 61jährige Tiroler dem Standard.

Mehr als 25 Millionen Euro wurden auf dem Bundesheer­truppenübu­ngsplatz ein Stück außerhalb des Ortes in neue Gebäude, Tribünen, Zufahrtswe­ge und Streckenad­aptierunge­n investiert. Entlang der Loipe, wo sich am Sonntag insgesamt mehr als 16.000 Zuschauer versammelt­en, gibt es ein Street-Food-Festival, es riecht nach Alpendöner, Weißwürste­n und Kaiserschm­arrn. Franz Berger hat die Entwicklun­g des Biathlons in Österreich mitgeprägt. Obwohl selbst nie aktiver Sportler, richtet er seit 1987 Weltcups aus. Zwischen den Weltmeiste­rschaften in Hochfilzen (2005 und 2017) war Berger neun Jahre Renndirekt­or des Weltverban­des (IBU).

Bei der WM gibt es viel zu tun. Die Scheiben am Schießstan­d etwa werden per Wasserwaag­e exakt horizontal ausgericht­et. Handarbeit ist es auch, alle 30 Scheiben und die dahinterli­egende Wand nach Wettkämpfe­n immer wieder weiß zu streichen. Um dann Fehlschüss­e eindeutig feststelle­n zu können. „Biathlon soll so bleiben, wie es ist“, sagt Berger. Der Einsatz von Laser könnte den bewaffnete­n Langlauf langfristi­g modernisie­ren, noch näher zum Publikum bringen. Ein Diskussion­sthema in der IBU. „Die Entwicklun­g ist nicht ausgereift. Ein Laser kann genauso gefährlich sein wie ein scharfer Schuss. Ein Treffer ins Gesicht, und es brennt dir das Auge heraus.“

Mit dem Kleinkalib­ergewehr leistete sich die Deutsche Laura Dahlmeier nur einen Fehlschuss und holte nach Silber im Sprint am Samstag Gold in der Verfolgung. Die Titelverte­idigerin lief mit einer Strafrunde vor der Weißrussin Darja Domratsche­wa zum Sieg, die von Platz 27 aus ein fulminante­s Rennen ohne Schießfehl­er ablieferte. Die Ehefrau von Ole Einar Björndalen stand nur viereinhal­b Monate nach der Geburt ihrer gemeinsame­n Tochter wieder auf einem Podest. Bronze ging an die tschechisc­he Sprintwelt­meisterin Gabriela Koukalova, die trotz dreier Strafrunde­n quasi durch die Loipe flog.

Weitere Hoffnungen

Lisa Hauser wollte sich nach Schießfehl­ern über Platz 26 nicht ärgern. „Ich fühle mich am Schießstan­d trotzdem noch sicher, es kommen mit Einzel- und Massenstar­t noch gute Rennen für mich“, sagte die 23-jährige Tirolerin. Für den ÖSV bleibt die Hoffnung auf die zweite Woche. Chefcoach Reinhard Gösweiner war mit den Leistungen seiner Athleten nicht unzufriede­n, sah aber Verbesseru­ngsbedarf. „Leider war wieder ein Fehler zu viel bei Julian Eberhard. Wir müssen vor allem beim Stehendsch­ießen sicherer werden. Nach zwei Ruhetagen wird die WM am Mittwoch mit den 15 km der Damen fortgesetz­t.

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Fotos: APA/Gindl Die Weltmeiste­r der Verfolgung: Der Franzose Martin Fourcade lief in Hochfilzen ebenso souverän zum neuerliche­n Titelgewin­n wie die Deutsche Laura Dahlmeier.
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