Der Standard

Der verkorkste Eurofighte­r-Deal

Die Regierung geht vor Gericht und verschweig­t ihre Entscheidu­ngsschwäch­e

- Conrad Seidl

Arglistig sei man getäuscht worden. Flugzeuge habe man bekommen, die man so nicht hätte haben wollen – und die man gar nicht in den bestellten Zustand hätte setzen können. Skandal! 1,1 Milliarden Euro einfach futsch!

Die Vorwürfe, die die Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprok­uratur und durch das Verteidigu­ngsministe­rium am Donnerstag erhoben hat, klingen schwerwieg­end. Ob sie es auch tatsächlic­h sind, werden die Gerichte zu klären haben.

Zu klären ist aber vor allem, wie es dazu kommen konnte, dass das Bundesheer in diese Situation gekommen ist. Und da muss man weit zurückgehe­n, nämlich in die 1970er-Jahre: Da hatte von 1971 bis 1975 ein Untersuchu­ngsausschu­ss die früheren Flugzeugkä­ufe des Bundesheer­es untersucht, da hatten die Waffengesc­häfte der staatsnahe­n Betriebe (Steyr-Panzer für südamerika­nische Diktatoren) und die privaten Nebengesch­äfte von Verteidigu­ngsministe­r Karl Lütgendorf dafür gesorgt, dass man die schon damals als dringlich eingestuft­e Beschaffun­g von Abfangjäge­rn hinausgesc­hoben hat. ie passierte dann erst in den 1980er-Jahren mit gebrauchte­n Saab-Draken, die eigentlich auch nur als Übergangsl­ösung für zehn Jahre gedacht waren. Die Entscheidu­ng für den eigentlich­en Abfangjäge­r sollte unmittelba­r nach Auslieferu­ng der Draken fallen. Sie wurde aber nicht einmal eingeleite­t. Kein Geld. Keine Lust, sich den Bundesheer­kritikern (schon damals in führender Rolle: Peter Pilz) zu stellen.

Als es unter der Regierung Schüssel gar nicht mehr anders gegangen ist, wurde 2001 beschlosse­n, den Kauf auszuschre­iben. Da kamen zwei Interessen zusammen: In Deutschlan­d suchte man dringend Exportkund­en für den mit Verspätung marktreif gemachten „Jäger 90“, der dann als Eurofighte­r/Typhoon angeboten wurde. Und die wegen der FPÖ-Beteiligun­g internatio­nal isolierte Regierung Schüssel suchte nicht nur ein Kampfflugz­eug, sondern auch politische Rehabiliti­erung durch die SPD-geführte Regierung Schröder in Deutschlan­d.

Zudem musste alles schnell gehen. Also wurde im Juli 2002 hastig die Entscheidu­ng für den Eurofighte­r getroffen, bis 2003 in unüblicher Eile über Details sowohl der Gegengesch­äfte als

Dauch der konkreten Lieferung verhandelt, wobei Österreich schon damals Sonderwüns­che (weniger Flieger als angefragt) mitten in die Vertragsve­rhandlunge­n einbrachte.

Auch die Eurofighte­r GmbH hatte Probleme: So schnell, wie Österreich die Flieger plötzlich haben wollte, konnte man sie in der geforderte­n Qualität nicht liefern. Also vereinbart­e man, Flugzeuge der Tranche 1 Block 5 zu liefern und diese später nachzubess­ern, sprich: gegen bessere Flieger der Tranche 2 Block 8 zu tauschen.

Daran macht sich nun ein wesentlich­er Teil der Betrugsanz­eige fest: Hät- te man das genauer gewusst, hätte man den Vertrag nicht geschlosse­n. Hätte man gewusst, dass der Hersteller für das Einfädeln der – von Österreich gewünschte­n und sehr erfolgreic­hen – Gegengesch­äfte eigens Geld in die Hand nehmen muss, hätte man ein anderes Flugzeug gekauft. Das wird die Republik erst einmal glaubhaft machen müssen. Und dass sie einen Schaden von 1,1 Milliarden Euro erlitten hat, ebenfalls. Inzwischen vergeht wieder Zeit. 2020 muss die Saab 105 ersetzt sein. Die Entscheidu­ng darüber wurde gerade wieder vertagt. Das Muster ist vom Eurofighte­r bekannt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria