Der Standard

Start-up-Leuchtturm in bester Lage

In Wien entstehen derzeit mehrere Zentren für Start-up-Unternehme­n. Das Größte davon residiert bald im Design-Tower im Herzen der Stadt. Obwohl öffentlich­e Fördergeld­er in gleich mehrere Standorte fließen, sehen Experten keine Hype-Gefahr.

- Simon Moser

Wien – Es fehlt am Geld. Fragt man in der Start-up-Szene, wie es läuft, hört man das nicht selten. Startups, so die gängige und etwas vage Definition, das sind junge Unternehme­n, die schnelles Wachstum anstreben und innovativ sind. Schwammig oder nicht, die vielverspr­echenden Unternehme­n sitzen oft auf dem Trockenen. Es mangelt an risikobere­iten Investoren und deren Kapital. Laut einer Studie der Modul University Vienna stehen Start-ups im europäisch­en Durchschni­tt zehnmal mehr privates Investitio­nskapital zur Verfügung als in Wien. Das ist ein Grund dafür, wieso in Österreich pro Jahr weniger als 1000 von ihnen gegründet werden.

Weil Risikokapi­tal in Österreich so rar ist, müssen Geldgeber aus dem Ausland her, will Wien zu einem bedeutende­n Standort für Zukunftsbr­anchen werden – und Wien will. Derzeit sind mehrere große Start-up-Zentren im Entstehen, die mit städtische­n Mitteln gefördert werden. Gründer sollen darin Arbeitsplä­tze sowie Zugang zu Beratung bekommen. Solche „Leuchtturm­projekte“sollen Investoren und Knowhow ins Land holen.

Mit dem Projekt weXelerato­r entsteht auf 8000 Quadratmet­er Fläche Österreich­s größte Infrastruk­tureinrich­tung für innovative Unternehme­n bald tatsächlic­h in einem Turm – im Design-Tower am Donaukanal, in dem auch das Fünf-Sterne-Hotel Sofitel residiert.

In den untersten vier Stockwerke­n, wo momentan noch das Luxuseinri­chtungshau­s Stilwerk eingemiete­t ist, sollen ab Herbst Gründer aus dem Hightech-, Medien- und Finanzbere­ich über ihren Laptops brüten.

Dabei gehe es nicht um die Zurverfügu­ngstellung einer Immobilie für Start-ups, sagt Hassen Kirmaci, Geschäftsf­ührer und Mehrheitse­igentümer der weXelerato­r GmbH. Stattdesse­n sollen diese mit bestehende­n Großuntern­ehmen vernetzt werden.

Progressiv­er Mieter

Zu diesen Partnern gehört auch Uniqa, Eigentümer des Design-Towers. Noch im Sommer wollte die Versicheru­ng verkaufen, erhielt aber keine entspreche­nden Angebote. Uniqa-Sprecher Nobert Heller sagte dem STANDARD, die Entscheidu­ng gegen einen Verkauf stehe in keinem Zusammenha­ng mit dem Mieterwech­sel.

Laut Kirmaci ist eine „progressiv­e Miete“vereinbart: Zu Beginn werde ein Nachlass gewährt, erst nach einer gewissen Zeit erhöhe sich die Miete auf die Normalhöhe. Details nannte Kirmaci nicht. Das Projekt wäre aber auch ohne den Nachlass umgesetzt worden, so der Geschäftsf­ührer.

WeXelerato­r wird von der Wirtschaft­sagentur Wien mit knapp 280.000 Euro gefördert. Das Geld kommt aus einem Topf für Unternehme­n, die Start-ups fördern und beraten.

Beratend tätig für das geplante Zentrum selbst ist Eveline Steinberge­r-Kern, Gründerin der auf Start-up-Initiative­n spezialisi­er- ten Blue Minds Company und Ehefrau von Bundeskanz­ler Christian Kern (SPÖ). Die FPÖ ortete einen Zusammenha­ng mit geplanten Erleichter­ungen für Start-ups und eine „Initiative von Kern für Steinberge­r-Kern“. Die Unternehme­rin stellte daraufhin klar, sie erhalte kein Geld für ihre Tätigkeit für weXelerate und sei an den involviert­en Firmen nicht beteiligt. Die Vorwürfe der FPÖ gehen insofern ins Leere, als dass das Förderprog­ramm lange vor Kerns Amtseinfüh­rung aufgesetzt wurde.

Mehrere Standorte

Ein zweites großes Start-upZentrum entsteht im 9. Wiener Bezirk. Träger ist das italienisc­he Unternehme­n Talent Garden. Auch dieses Projekt wird von der Wirtschaft­sagentur gefördert – ebenso wie die alte Rinderhall­e in Marx. Bei dem derzeit als Veranstalt­ungsort genutzten Standort läuft die Suche nach Investoren, die in der Halle Infrastruk­tur für Unternehme­n aufbauen sollen, darunter auch ein Bereich für zahlreiche Start-ups.

Sowohl die Proponente­n der Projekte am Donaukanal und im 9. Bezirk als auch eine Sprecherin der Wirtschaft­sagentur betonen, die Zentren stünden nicht in Konkurrenz zueinander.

Für Nikolaus Franke, Vorstand am Institut für Entreprene­urship und Innovation der Wirtschaft­suni Wien, besteht keine Gefahr, dass die geplanten Einrichtun­gen keine Mieter finden. „Diese Zentren sind extrem wichtig. In der frühen Gründungsp­hase besteht viel Unsicherhe­it. Die Gründer brauchen daher Ressourcen wie Beratung und Infrastruk­tur. Das und den Zugang zur Gründersze­ne bekommt man in den Zentren schnell und unkomplizi­ert.“

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Der von Stararchit­ekt Jean Nouvel entworfene Design-Tower soll zum leuchtende­n Symbol der Wiener Start-up-Wirtschaft werden. Seoul

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