Start-up-Leuchtturm in bester Lage
In Wien entstehen derzeit mehrere Zentren für Start-up-Unternehmen. Das Größte davon residiert bald im Design-Tower im Herzen der Stadt. Obwohl öffentliche Fördergelder in gleich mehrere Standorte fließen, sehen Experten keine Hype-Gefahr.
Wien – Es fehlt am Geld. Fragt man in der Start-up-Szene, wie es läuft, hört man das nicht selten. Startups, so die gängige und etwas vage Definition, das sind junge Unternehmen, die schnelles Wachstum anstreben und innovativ sind. Schwammig oder nicht, die vielversprechenden Unternehmen sitzen oft auf dem Trockenen. Es mangelt an risikobereiten Investoren und deren Kapital. Laut einer Studie der Modul University Vienna stehen Start-ups im europäischen Durchschnitt zehnmal mehr privates Investitionskapital zur Verfügung als in Wien. Das ist ein Grund dafür, wieso in Österreich pro Jahr weniger als 1000 von ihnen gegründet werden.
Weil Risikokapital in Österreich so rar ist, müssen Geldgeber aus dem Ausland her, will Wien zu einem bedeutenden Standort für Zukunftsbranchen werden – und Wien will. Derzeit sind mehrere große Start-up-Zentren im Entstehen, die mit städtischen Mitteln gefördert werden. Gründer sollen darin Arbeitsplätze sowie Zugang zu Beratung bekommen. Solche „Leuchtturmprojekte“sollen Investoren und Knowhow ins Land holen.
Mit dem Projekt weXelerator entsteht auf 8000 Quadratmeter Fläche Österreichs größte Infrastruktureinrichtung für innovative Unternehmen bald tatsächlich in einem Turm – im Design-Tower am Donaukanal, in dem auch das Fünf-Sterne-Hotel Sofitel residiert.
In den untersten vier Stockwerken, wo momentan noch das Luxuseinrichtungshaus Stilwerk eingemietet ist, sollen ab Herbst Gründer aus dem Hightech-, Medien- und Finanzbereich über ihren Laptops brüten.
Dabei gehe es nicht um die Zurverfügungstellung einer Immobilie für Start-ups, sagt Hassen Kirmaci, Geschäftsführer und Mehrheitseigentümer der weXelerator GmbH. Stattdessen sollen diese mit bestehenden Großunternehmen vernetzt werden.
Progressiver Mieter
Zu diesen Partnern gehört auch Uniqa, Eigentümer des Design-Towers. Noch im Sommer wollte die Versicherung verkaufen, erhielt aber keine entsprechenden Angebote. Uniqa-Sprecher Nobert Heller sagte dem STANDARD, die Entscheidung gegen einen Verkauf stehe in keinem Zusammenhang mit dem Mieterwechsel.
Laut Kirmaci ist eine „progressive Miete“vereinbart: Zu Beginn werde ein Nachlass gewährt, erst nach einer gewissen Zeit erhöhe sich die Miete auf die Normalhöhe. Details nannte Kirmaci nicht. Das Projekt wäre aber auch ohne den Nachlass umgesetzt worden, so der Geschäftsführer.
WeXelerator wird von der Wirtschaftsagentur Wien mit knapp 280.000 Euro gefördert. Das Geld kommt aus einem Topf für Unternehmen, die Start-ups fördern und beraten.
Beratend tätig für das geplante Zentrum selbst ist Eveline Steinberger-Kern, Gründerin der auf Start-up-Initiativen spezialisier- ten Blue Minds Company und Ehefrau von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ). Die FPÖ ortete einen Zusammenhang mit geplanten Erleichterungen für Start-ups und eine „Initiative von Kern für Steinberger-Kern“. Die Unternehmerin stellte daraufhin klar, sie erhalte kein Geld für ihre Tätigkeit für weXelerate und sei an den involvierten Firmen nicht beteiligt. Die Vorwürfe der FPÖ gehen insofern ins Leere, als dass das Förderprogramm lange vor Kerns Amtseinführung aufgesetzt wurde.
Mehrere Standorte
Ein zweites großes Start-upZentrum entsteht im 9. Wiener Bezirk. Träger ist das italienische Unternehmen Talent Garden. Auch dieses Projekt wird von der Wirtschaftsagentur gefördert – ebenso wie die alte Rinderhalle in Marx. Bei dem derzeit als Veranstaltungsort genutzten Standort läuft die Suche nach Investoren, die in der Halle Infrastruktur für Unternehmen aufbauen sollen, darunter auch ein Bereich für zahlreiche Start-ups.
Sowohl die Proponenten der Projekte am Donaukanal und im 9. Bezirk als auch eine Sprecherin der Wirtschaftsagentur betonen, die Zentren stünden nicht in Konkurrenz zueinander.
Für Nikolaus Franke, Vorstand am Institut für Entrepreneurship und Innovation der Wirtschaftsuni Wien, besteht keine Gefahr, dass die geplanten Einrichtungen keine Mieter finden. „Diese Zentren sind extrem wichtig. In der frühen Gründungsphase besteht viel Unsicherheit. Die Gründer brauchen daher Ressourcen wie Beratung und Infrastruktur. Das und den Zugang zur Gründerszene bekommt man in den Zentren schnell und unkompliziert.“