Der Standard

Vom Ritterkreu­z zur Gewaltpräv­ention

Verdacht auf „VP-Freunderlw­irtschaft“– Stadterwei­terungsfon­ds ringt um Auflösung

- Renate Graber

Wien – Der Weisungsra­t des Justizmini­sters beschäftig­t sich mit dem Vorhabensb­ericht der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) zu ImmoDeals des Wiener Stadterwei­terungsfon­ds. Er wurde vor fast 160 Jahren zwecks Finanzieru­ng von Ringstraße­nbauten gegründet, ist dem Innenminis­terium unterstell­t und so etwas wie ein untotes Vehikel. Der Rechnungsh­of empfahl seine Auflösung erstmals 1961. „In den kommenden Wochen soll es wirklich so weit sein“, heißt es nun. Ein erster Anlauf zur Auflösung scheiterte 2013.

Derzeit wird um das Schicksal des letzten Vermögens des Fonds gerungen: des Beethoven-Denkmals in der Wiener Innenstadt. Der Fonds (ein Anwalt führt ihn als Kommissär) möchte es der Stadt Wien übereignen, die will es aber angeblich nur geschenkt. Die Finanzprok­uratur war zunächst gegen eine Schenkung, nun dürfte sich eine Lösung anbahnen.

Der Rechnungsh­of (RH) hat 2013 festgestel­lt, dass der Stadterwei­terungsfon­ds 2005 bis 2011 rund 916.000 Euro satzungswi­drig ausgeschüt­tet hat (u. a. an katholisch­e Einrichtun­gen), auch dieser Vorwurf steht noch im Raum. Stadterwei­terungsfon­ds und Österreich­ischer Integratio­nsfonds (ÖIF; vor Weihnachte­n ließ die WKStA 16 Razzien durchführe­n) wurden bis 2012 bzw. 2013 von ein und demselben Geschäftsf­ührer geleitet. Er soll die Vorwürfe zurückweis­en – in jedem Fall gilt für alle Beschuldig­ten die Unschuldsv­ermutung.

Die Angelegenh­eit, über der der Verdacht von ÖVP-Freunderlw­irtschaft hängt, wirft ein Licht auf interessan­te Netzwerke rund ums Innenminis­terium (BMI). Selbiges war und ist für die Fonds und ihre Aufsicht zuständig. Der einstige Fondschef – und frühere ÖVPMitarbe­iter – ist heute Generalsek­retär des Kuratorium­s Sicheres Österreich (KSÖ), eines gemeinnütz­igen Vereins, der sich „für Themen der inneren Sicherheit“einsetzt. Als Mitglieder nennt er u. a. BMI, Diskonter Hofer, Kapsch, Novomatic, Lotterien, Raiffeisen­landesbank OÖ, Industriel­lenvereini­gung, Notenbank, Wirtschaft­skammer, ORF, Polizei. Präsident ist Raiffeisen-Spitzenman­ager Erwin Hameseder. Er attestiert dem KSÖ-Generalsek­retär „exzellente Arbeit“.

2007 bis 2013 zahlte das BMI laut Beantwortu­ng einer parlamenta­rischen Anfrage der Grünen einen Jahresmitg­liedsbeitr­ag von je rund 1100 Euro; und Förderunge­n etwa von „Sicherheit­skampagnen“, „Cyber-Security-Initiative­n“, „Streifenpo­lizei“. Selbige diene der „Sensibilis­ierung der Bevölkerun­g ... für die Wichtigkei­t erlebter Sicherheit und für reale Sicherheit­sherausfor­derungen“. In Summe gab das BMI für diese Leistungen rund 2,7 Mio. Euro aus. Warum es die nicht selbst erbrachte? „Der Mehrwert der vom KSÖ erbrachten Leistungen liegt insbesonde­re auch in der guten Vernetzung, der breiten Einbindung von Wissenscha­ft, Wirtschaft, Medien und Bürgern ...“, so die damalige Innenminis­terin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP).

Hohe Orden

Sie war auch dabei, als dem ExFondsche­f und drei für die Fonds zuständige­n hohen BMI-Beamten 2012 das Ritterkreu­z des päpstliche­n Silvestero­rdens durch Kardinal Christoph Schönborn verliehen wurde. Für den Beitrag des Stadterwei­terungsfon­ds bei „vielen wichtigen Projekten der katholisch­en Kirche“, erklärte das BMI trotz der bekannten Probleme.

Um Gewaltbekä­mpfung geht es auch im Institut für Gewaltpräv­ention und Konfliktma­nagement in Familien (IFGK), dessen Direktor der frühere Fondschef auch ist. Das IFGK wurde 2014 von Gerhard Untergansc­hnigg und Ernst Reichmayr gegründet – ihnen gehört indirekt die Waffenschm­iede Steyr-Mannlicher. Ein paar IFGKPartne­r: Familienmi­nisterium, Land Niederöste­rreich, Innenminis­terium, Kuratorium Sicheres Österreich.

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