Ein Soundtrack auch für Christi Geburt
Die Reihe Film + Musik live im Wiener Konzerthaus präsentiert „Erotikon“und „Ben Hur“
Wien – Unzweifelhaft entfaltet Filmmusik ihre Wirkung selbst dann, wenn sie nur unbewusst wahrgenommen wird und die betörende Macht bewegter Bilder den Seher fesselt. Ohne es bewusst zu registrieren, ist der Se- her ja immer auch Hörer, da jene Emotionen, die in ihm ausgelöst werden, zweifellos einen Ursprung in der Musik haben.
Etwas anders die Situation, wenn – wie es im Wiener Konzerthaus schöne Tradition ist – zum jeweiligen Streifen ein Orchester oder ein kleineres Ensemble live agiert und die Unmittelbarkeit der Klänge noch stärker ist.
In dieser Konstellation verschmelzen Bild und Klang also etwas deutlicher im Sinne der Gleichberechtigung von Film und Musik – etwa wenn (am 6. 3.) das ORF-Radio-Symphonieorchester Wien mit Dirigent Robert Emery zum Stummfilm Ben Hur Stewart Copelands Musik präsentiert. Copeland, einst Schlagzeuger von The Police (New-Wave-Band mit Sting als Leadsänger), ist auch als Interpret dabei, um das Epos von Regisseur Fred Niblo (aus dem Jahr 1925), das von dem Leben und den Abenteuern des jüdischen Kaufmanns Ben Hur handelt, rhythmisch „aufzuladen“. Wobei: Es geht im Streifen auch um den Untergang Ägyptens, den Aufstieg Roms, die Geburt Christi sowie die Zerstörung des Tempels in Jerusalem.
Typisch Hollywood
Als Inspirationspunkt für seine Musik wählte der US-Amerikaner Copeland den Untertitel zum Film A Tale of the Christ, der das Religiöse der Geschichte und jene damit verbundenen Emotionen betont. In typischer Hollywoodstilistik finden sich hier natürlich auch Action, Exotisches mit besonderer Berücksichtigung des Orients wie auch Ausflüge in romantische Sphären.
Als Solist setzt Copeland dabei virtuos und nuanciert schlagwerkend Akzente. Copelands Stil? Selbiger hat auch mit dessen Zeit in Syrien und dem Libanon zu tun, wo er seine Kindheit verbracht und polyrhythmische, also durchaus komplexe Strukturen kennengelernt hat, die sein raffiniertes Spiel durchziehen und zu Ben Hur gut passen. Zuvor eine andere Begegnung von Bild und Klang (27. 2.): Die Stummfilmposse Erotikon von Regisseur Mauritz Stiller ist eine launige, aufklärende Komödie zu amourösen Verwicklungen gutsituierter Bürger.
Das Verwirrspiel aus den 1920erJahren lockt durch heitere Einsichten über Geschlechterbeziehungen, raffiniert führt es auf falsche Fährten, geizt nicht mit Überraschungen und hat im Wiener Konzerthaus als dramaturgische Unterstützung das Matti-Bye-Ensemble an seiner Seite.
Der 1966 in Schweden geborene Pianist und Komponist ist ein erfahrener Könner der Filmmusik, der schon im Wiener Konzerthaus zu erleben war. Sechs Jahre nach seinem letzten Gastspiel kehrt Matty Bye zurück, um ein Dokument der großen Zeit des Stummfilms klanglich – also sehr emotional – zu bereichern. Film + Musik live: 27. 2. „Erotikon“, 6. 3. „Ben Hur“