Der Standard

Eine unendliche Justizgesc­hichte

Causa Eurofighte­r: Österreich sollte vor allem seine Staatsanwa­ltschaften aufrüsten

- Petra Stuiber

Die Entschloss­enheit, die Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil in Sachen Eurofighte­r an den Tag legt, ist höchstwahr­scheinlich nicht nur persönlich­er Empörung über offensicht­liche Steuergeld­verschwend­ung geschuldet. Ganz offensicht­lich ist mittlerwei­le auch die praktische Not sehr groß: Die laufenden Kosten für die Eurofighte­r (allein heuer rund 80 Millionen Euro) übersteige­n deren tatsächlic­hen Nutzen bei weitem. Zudem ist die politische Großwetter­lage derzeit gerade günstig, wenn man Airbus/EADS unter Druck setzen möchte: In München startet die Sicherheit­skonferenz, in Abu Dhabi geht eben die weltgrößte Rüstungsme­sse über die Bühne.

In jedem Fall ist es gut, dass nun Bewegung in die Endloscaus­a Eurofighte­r kommt. Aber eine Frage drängt sich auf: Wäre das alles nicht ein wenig schneller gegangen? Warum dauerte es sechs Jahre – von der Erstaussag­e des verhaftete­n italienisc­hen Managers Gianfranco Lande über eine Londoner Briefkaste­nfirma namens Vector Aerospace – bis zur heutigen Erkenntnis, das könnte die Grundlage einer großangele­gten Bestechung gewesen sein? Und warum wird es frühestens, wenn überhaupt, 2018 zu einer Anklage kommen?

Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er ist ja grundsätzl­ich beizupflic­hten, wenn er einfordert, spätestens jetzt müssten „Fakten geschaffen“werden, vor allem auf der Suche nach einem konkreten Beweis. Gleichzeit­ig muss man aber fragen: Wieso fährt der Vizekanzle­r dem Verteidigu­ngsministe­r öffentlich derart in die Parade und schwächt damit die Verhandlun­gsposition Österreich­s? Zudem kann man Mitterlehn­er den Vorwurf nicht ersparen, dass der Auskunftsw­ille des Wirtschaft­sministeri­ums, was die Eurofighte­r-Gegengesch­äfte betrifft, bis dato nicht gerade ausgeprägt war. n strafrecht­licher Hinsicht lässt ein Vergleich mit der Staatsanwa­ltschaft München I die Entschloss­enheit der Österreich­er, den umstritten­en Rüstungsde­al aufzukläre­n, in einem weniger günstigen Licht erscheinen. In München kümmern sich fünf Staatsanwä­lte nur um diesen Fall – in Wien ist seit Jahren ein einsamer Staatsanwa­lt sich selbst überlassen und obendrein noch mit anderen Causen eingedeckt.

Die umfangreic­hen Unterlagen, die es rund um diesen Deal gibt, die Kor-

Iresponden­z, die Aussagen und Ergebnisse des parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­sses – all das hätte schon vor Jahren aufgearbei­tet, ausgewerte­t und beurteilt werden können. Die Daten waren vorhanden, allein, es fehlten die Ressourcen und der politische Wille, diese auch zu verwenden.

Wer weiß, was der Republik erspart geblieben wäre. Das gilt für viele andere, ewig dauernde Verfahren – Libro, Buwog, et cetera – gleicherma­ßen.

Es ist freilich nie zu spät, aus Fehlern zu lernen: Ermittlung­sverfahren dürfen nicht mehr so lange dauern – wie komplizier­t Briefkaste­nkonstruk- tionen auch sein mögen. Wenn Staatsanwa­ltschaften allein nicht zurande kommen, muss es selbstvers­tändlich ermöglicht werden, bestimmte Recherchel­eistungen zuzukaufen.

Doskozils Entschloss­enheit sollte sich auch nicht im Verfassen von Strafanzei­gen erschöpfen. Auch politische Verantwort­lichkeiten müssen aufgezeigt werden – selbst wenn sich herausstel­lt, dass die Nachverhan­dlungen von Parteifreu­nd und Vorvorgäng­er Norbert Darabos die Eurofighte­rMisere noch weiter vertieft haben. Ein bisschen Aufräumen reicht in der Causa schon lange nicht mehr.

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