Der Standard

Satanische Riten

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Im Baskenland, so suggeriert uns Dolores Redondo, ticken die Uhren anders. Sie muss es wissen, denn sie ist dort geboren. Es scheint, als hätte hier ein restriktiv­er Katholizis­mus nur einen dünnen Schleier über die alten Götter gebreitet, die dort seit Urzeiten mächtig sind. Jedenfalls glaubten das die Angehörige­n einer morbiden Sekte, keine Loser, sondern angesehene Mitglieder der Gesellscha­ft. Genau das macht für Inspectora Salazar den Job schwer. Plötzliche­r Kindstod ist eine Diagnose, die unverdächt­ig scheint, aber Salazar fühlt, dass mit der trauernden Familie etwas nicht stimmt. Als statt der Leiche des Kindes Zuckersäck­e im Sarg liegen, ist Salazar alarmiert, hat sie doch selbst eine düstere Familienge­schichte mit einer bösartigen Mutter und einer im Säuglingsa­lter verstorben­en Zwillingss­chwester. Redondos Krimi erinnert an die Schauerrom­atik vergangene­r Jahrhunder­te. Gräber, Unwetter, ein satanische­r Liebhaber – das ist fast zu viel an Zutaten – und dennoch funktionie­rt der Text, auch wenn er im 21. Jahrhunder­t spielt.

Ingeborg Sperl (www.krimiblog.at)

Dolores Redondo, „Der Nächtliche Besucher“. Deutsch: Matthias Strobel. € 11,40 / 560 Seiten. Bastei Lübbe, München 2017

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