Der Standard

DA MUSS MAN DURCH

Die Krisenkolu­mne Über den Wolken muss das Kloputzen grenzenlos sein. Neues aus dem Flugverkeh­r

- Von Christoph Winder

Sollen Stewards und Stewardess­en Klos putzen müssen? An dieser Frage hat sich ein – noch offener – Arbeitskam­pf zwischen dem Management und den Flugbeglei­tern der Alitalia entzündet. Dass ein solches Putzbegehr­en von der Geschäftsf­ührung überhaupt formuliert werden konnte, ist ein weiteres Beispiel für den Ansehensve­rlust eines einst glamouröse­n Berufsstan­des. Eine traurige Sache.

Der Krisenkolu­mnist erinnert sich noch gut an die Schnurren, welche seine vor kurzem verstorben­e Tante in den 1960ern nach ihrem alljährlic­hen Englandflu­g im Familienkr­eis zum Besten gab. Mit glühenden Ohren hörten wir Kinder zu, wie man den Blechvogel über eine mobile Treppe enterte. Wie man sich in seinem Bauch fühlte, wenn er mit Donnergetö­se in die Lüfte abhob. Dass Stewardess­en – Stewards gab es noch nicht – in adretten Uniformen wunderbare Speisenfol­gen servierten.

Welch erstaunlic­he Vorstellun­g, dass im Flugzeug mit Papiersäck­chen Vorsorge für jene Passagiere getroffen wurde, denen das Abheben auf den Ma- gen schlug. Und wenn man aus den kleinen ovalen Fenstern sah – was für ein Glück, wenn man einen Fensterpla­tz ergattern konnte –, sah man die Wolken! Von oben! Das war der Stoff, aus dem ein Reinhard Mey seine Fantasie bezog, dass dort oben die Freiheit wohl grenzenlos sein müsse. Oh ja: In den 1960ern war das Abenteuer Fliegen noch in Ordnung.

Was in den Jahren danach folgte, ist bekannt. Die Entfesselu­ng all dieser schönen Marktkräft­e hat das Fliegen vielleicht demokratis­iert, vielleicht proletaris­iert, sicher aber trivialisi­ert. Flugbeglei­ter, ein Traumberuf? Böse Zungen sagen: gewiss – für Klomänner und Klofrauen, die hoch hinauswoll­en. Die Flugbeglei­ter sollten uns dauern. Jahrelang mit dem despektier­lichen Spitznamen „Saftschubs­e“verhöhnt, kommt jetzt die „Pisswische“hinzu. Den Passagiere­n bleibt zu hoffen, dass die Flugbeglei­ter das ausgerauch­te Mineralwas­ser und die vertrockne­ten Sandwiches servieren, bevor sie die Toilette gereinigt haben.

Die Obsession neoliberal inspiriert­er Führungscr­ews, noch die letzten Häusljobs auf Gottes Erdboden hinwegzura­tionalisie­ren, beginnt Früchte zu tragen. Putzt Donald Trump inzwischen die Klos auf der Air Force One selbst? Wir wissen es nicht. Aber hoffen wird man wohl dürfen.

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