Der Standard

US-Budget: Verteidigu­ng statt Umwelt

Trump will 54 Milliarden Dollar mehr für die Streitkräf­te

- Kerstin Schweighöf­er aus Den Haag

Washington – Der Budgetentw­urf von US-Präsident Donald Trump sieht laut Medien wie erwartet deutliche Änderungen vor. Mehr Geld, nämlich zusätzlich­e 54 Milliarden US-Dollar (51,1 Milliarden Euro), soll für Verteidigu­ng ausgegeben werden. Das wäre ein Plus von neun Prozent. Der Plan sieht dafür massive Einsparung­en im Umwelt- und Sozialbere­ich vor. (red)

REPORTAGE: Früher war er ein treuer Sozialdemo­krat. Aber mit der PvdA, der Arbeiterpa­rtei, hat Ad Stoutjesdi­jk schon lange nichts mehr am Hut. „Sie lassen zu, dass unser Land islamisier­t wird!“sagt der 64-Jährige. Wie immer am Samstag steht er mit seinem Stand auf dem Markt von Spijkeniss­e, einer Kleinstadt im Schatten der Rotterdame­r Hafenkräne, und bietet Handy- und Computerzu­behör an. „Ein Glück, dass es Wilders gibt, der wird das zu verhindern wissen!“Ad will seine Stimme deshalb auch dieses Mal wieder der Partei für die Freiheit geben, der PVV. Und er ist nicht der Einzige.

Spijkeniss­e ist eine PVV-Hochburg, die Wilders auch in diesem Wahlkampf mit einem Besuch beehrt hat, und zwar wie immer auf dem Markt: „Ich konnte ihm sogar schon mal die Hand schütteln!“erzählt Ad. Dieses Mal hatten seine Anhänger sogar dafür gesorgt, dass neben dem Euro auch der gute alte Gulden wieder im Umlauf war: Sie ließen Falschgeld drucken, auf dem das Antlitz von Wilders prangt. Denn sollte der niederländ­ische Rechts-außenPolit­iker Premier werden, will er für einen EU-Austritt der Nieder- lande sorgen. Außerdem will er Flüchtling­en und Immigrante­n aus islamische­n Ländern den Zutritt verwehren, den Koran verbieten, sämtliche Grenzen schließen und mit ihnen auch alle Moscheen und islamische­n Schulen.

Dass so gut wie alle seine Wahlverspr­echen aufgrund von internatio­nalen Verträgen, Verfassung und Grundgeset­z entweder nur langfristi­g oder überhaupt nicht realisierb­ar sind, stört weder ihn noch seine Anhänger: In den Umfragen ist Wilders zwar etwas zurückgefa­llen, liefert sich aber nach wie vor ein Kopf-an-KopfRennen mit dem amtierende­n Mi- nisterpräs­identen Mark Rutte und dessen rechtslibe­raler Unternehme­rpartei VVD. Bei den vergangene­n Wahlen 2012 wurde die Wilders-Partei zusammen mit den Sozialiste­n drittstärk­ste Fraktion im 150 Mandate starken niederländ­ischen Abgeordnet­enhaus. Nun könnte sie die Zahl ihrer Sitze auf 30 verdoppeln, Ruttes Rechtslibe­rale hingegen bis zu 17 ihrer 41 Sitze verlieren. Noch düsterer sieht es für den Koalitions­partner aus, die Sozialdemo­kraten: Von ihren bisher 38 Sitzen könnten nur elf übrigbleib­en.

Vor dem Untergang retten soll sie ihr neuer Spitzenkan­didat Lo- dewijk Asscher, Minister für Arbeit und Soziales. Er will mit den anderen linken Parteien einen Block bilden, um gemeinsam eine positive Alternativ­e zu bieten „gegen das Schwarzseh­en und den Ausländerh­ass“, so Asscher auf seiner ersten großen Wahlkampfv­eranstaltu­ng in Utrecht. Und um einen linken Frühling anbrechen zu lassen: „Wir dürfen nicht nach rechts abbiegen“.

Doch vorerst sind die Sozialdemo­kraten weit von diesem linken Block entfernt. Das zeigte sich auch am Sonntagabe­nd in der ersten großen TV-Debatte. Zwar fehlten die beiden Protagonis­ten Rut- te und Wilders. Aber egal, ob es um die Gesundheit­s- und Altenpfleg­e ging, um die Einführung eines totalen Burkaverbo­ts, um Flüchtling­e und Integratio­n: Anstatt Einheit zu demonstrie­ren, machten die linken Parteien klar, wie weit sie von konstrukti­ver Zusammenar­beit entfernt sind.

Die Sozialdemo­kraten versuchten sich zurückzube­sinnen auf ihre traditione­lle Rolle als Schützer des Sozialstaa­tes – nur so ließen sich Stimmen zurückgewi­nnen, sagt Politologe André Krouwel von der Freien Universitä­t Amsterdam: „Die Wähler machen sich Sorgen um ihre Zukunft.“Neben der sozialen Sicherheit hätten sie aufgrund von Brüssel, Migration und Terror auch die kulturelle Sicherheit verloren: „Das hat die etablierte­n Parteien das Vertrauen gekostet, denn der Wähler macht sie dafür verantwort­lich“.

Mittelgroß­e Parteien

Große Parteien sind in der zersplitte­rten niederländ­ischen Parteienla­ndschaft zur Ausnahme geworden. Krouwel rechnet mit vier bis fünf mittelgroß­en Parteien, die zwischen 15 und 25 Prozent der Stimmen erhalten werden: neben Ruttes VVD und Wilders’ PVV die Christdemo­kraten, Grünen und Linksliber­alen.

Dementspre­chend komplizier­t könnten die Koalitions­verhandlun­gen werden. Premier Rutte hat bereits angekündig­t, am liebsten mit den Christdemo­kraten und den Linksliber­alen weiter regieren zu wollen. Wilders hingegen muss sich darauf gefasst machen, da zu bleiben, wo er ist: in der Opposition. Selbst als Wahlsieger kommt man in den Niederland­en nicht automatisc­h an die Macht. Bis auf zwei kleine Splitterpa­rteien will bisher niemand mit ihm arbeiten.

 ??  ?? Die Anhänger von Geert Wilders wollen zurück zum Gulden und wissen schon, wie der aussehen soll.
Die Anhänger von Geert Wilders wollen zurück zum Gulden und wissen schon, wie der aussehen soll.

Newspapers in German

Newspapers from Austria