Kritik nach Absage einer neuen Jugendhaftanstalt
Wien – Die Absage einer neuen Haftanstalt für jugendliche Straftäter im Großraum Wien sorgt in Justizkreisen für eine Mischung aus Verwunderung und Empörung. „Das ist sehr schade“, sagte am Montag der Justizsprecher der SPÖ, Johannes Jarolim, zum STANDARD. Bisher habe es den Konsens gegeben, dass der Neubau notwendig sei. Auch sein Kollege von den Grünen, Albert Steinhauser, hält die Absage der Strafanstalt für einen „massiven Rückschritt in der Jugendgerichtsbarkeit“.
Die Entscheidung kam überraschend und via ORF-Sendung Wien heute. „In dieser Form gibt es die Idee nicht mehr“, sagte eine Ministeriumssprecherin. Anstatt dessen seien in der Justizanstalt Wien-Josefstadt etliche Maßnahmen ergriffen worden, um Haftbedingungen für Jugendlichen deutlich zu verbessern. Außerdem werde das Jugendgefängnis Gerasdorf in Niederösterreich zu einem Jugendhaft-Kompetenzzentrum ausgebaut. Beide Maßnahmen sind für Jarolim und für Steinhauser aber nicht ausreichend. Sie fordern nachhaltige Verbesserungen im Sinne einer Resozialisierung junger Menschen. Gerade in der Justizanstalt Josefstadt, dem größten Gefängnis des Landes, liefen Jugendliche Gefahr, erst recht auf die schiefe Bahn zu gelangen.
Das Gefängnis ist massiv überbelegt. Nach Übergriffen auf Jugendliche hinter Gittern in den vergangenen Jahren wollte Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) eine neue Haftanstalt bauen lassen. Auch der Umbau eines Polizeianhaltezentrums wurde geprüft. Das Innenministerium braucht den Komplex aber selbst. Zuletzt machte auch noch der Finanz- dem Justizminister einen Strich durch die Rechnung. (simo)