Ikea möbelt Matratzenmarkt auf
Branchenradar: Schaumstoff und Latex sind out, Federkern ist in
Wien – Kaum etwas scheint ermüdender zu sein, als eine neue Matratze zu kaufen. Alle beige, eckig und alles andere als sexy. Dennoch tut sich was in der Branche. Der Trend zu Polsterbetten, speziell Boxspring, setzt den Markt für Matratzen und Lattenroste zunehmend unter Druck. Begünstigt von einer insgesamt steigenden Nachfrage nach Betten, konnten die Erlöse im letzten Jahr jedoch stabilisiert werden. Der Herstellerumsatz stagnierte mehr oder weniger bei 117,1 Millionen Euro (116,8 Mio. im Jahr 2015) und schaffte damit 2016 quasi eine schwarze Null, so Kreutzer Fischer & Partner im aktuellen Branchenradar.
Vergangenes Jahr wurden in Österreich knapp 103.000 Polsterbetten (plus zwei Prozent) verkauft. In diese Gruppe fällt auch das Boxspringbett, das mit 36.000 verkauften Stück um satte 16 Prozent zulegen konnte. Boxspringbetten kommen ursprünglich aus den USA und entwickeln sich seit einigen Jahren auch am heimischen Markt zum Trend. Man versteht darunter ein Schlafsystem, das aus einem stabilen Rahmen und einer oder mehreren Lagen Sprungfedern besteht. Darauf liegt die Matratze.
Weniger weich gefallen sind Schaumstoffmatratzen (minus fünf Prozent), Latexprodukte (minus sieben Prozent) und solche mit natürlichem Füllkern (minus neun Prozent). Die dadurch entstandene Lücke wurde zur Gänze von Federkernmatratzen gefüllt. „Die letzten 20, 25 Jahre wurde immer wieder an Matratzeninnovationen getüftelt, um letztendlich wieder zur guten alten Federkernmatratze zurückzukommen“, so Geschäftsführer Andreas Kreutzer zum STANDARD. Trotzdem bleibe die Lage für einige Produzenten prekär und führe auf Anbieterebene zu einer stark differenzierten Entwicklung, mit substanziellen Zuwächsen auf der einen Seite und Einbußen auf der anderen. Zu den Gewinnern zählt im Berichtsjahr zweifelsohne Ikea. Andere etablierte Anbieter wie Elastica und Breckle hatten das Nachsehen. Der Erfolg des schwedischen Möbelhauses liege aber nicht nur am Preis. Der Matratzenkauf gehöre nicht gerade zu den emotionalsten Erlebnissen, und Ikea habe es als einzige Mö- belmarke geschafft, das Zuhause generell stark zu thematisieren und Matratzen im Speziellen zu bewerben und mit Wohlfühlstimmung auf Du und Du zu besetzen. Eine Strategie, die andere Möbelhäuser so völlig außer Acht lassen. Einrichtungshäuser wie Möbel Lutz setzen zwar auch auf die „Familienschiene“, lassen aber Werbung für Matratzen per se beiseite. Die Hersteller höherpreisiger Matratzen werden da wohl ihre Strategie ändern müssen, wenn sie nicht zusehends aus dem Markt gedrängt werden wollen, meint Kreutzer weiter.
Beim Einkauf ist der Onlinehandel kein relevanter Faktor: Die Menschen wollen immer noch probeliegen und -sitzen. Zwei Drittel der Matratzen und Lattenroste werden über den klassischen Möbelhandel erworben, je 15 Prozent über Discounter oder Fachgeschäfte. Der dünne Rest sind Internet- und Haustürgeschäfte.
Ein Riesenpotenzial liegt allerdings laut Kreutzer nach wie vor brach: „Die Österreicher tauschen Betten ähnlich oft beziehungsweise so selten aus wie Küchen – vorzugsweise bei einem Wohnungsumzug. Da gibt es genug Luft nach unten.“Ein Ansatz wäre, das Thema Matratzentausch offensiv medial zu diskutieren. Im Schnitt liegt die Benutzungsdauer einer Matratze bei 15 Jahren, wünschenswert wären zehn. (ch)