Trennung statt Ehe
Die Londoner Börse zieht die Notbremse. Eine Auflage Brüssels wird nicht erfüllt, weshalb die Fusion mit der deutschen Börse scheitern dürfte.
Die seit einem Jahr geplante und trotz des Brexit-Votums weiterverfolgte Fusion der Börsen von Frankfurt und London steht vor dem Aus. Die London Stock Exchange (LSE) überraschte Anleger am Sonntagabend mit der Mitteilung, man werde einer wichtigen Auflage der EU-Kommission nicht nachkommen. Deshalb sei „eine Freigabe des Mergers unwahrscheinlich“. Die LSE-Aktie fiel am Montag um drei Prozent, jene der Deutschen Börse (DBAG) zeitweise sogar um über fünf Prozent.
In den letzten Wochen hatten sich auf beiden Seiten des Kanals zunehmend Kritiker der Fusion mit einem kombinierten Börsenwert von 29 Milliarden Euro zu Wort gemeldet. Zudem richtet sich gegen den designierten Chef Carsten Kengeter ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Insiderhandel.
Der französische LSE-Chef Xavier Rolet sowie DBAG-Boss Kengeter hatten sich ein Einsparpotenzial von jährlich 450 Millionen Euro erhofft. In der neuen Holding TopCo sollten Aktionäre der deutschen Firma mit rund 54,4 Prozent die Überhand behalten. Kengeter sprach von einem „weltweit wettbewerbsfähigen Anbieter“– tatsächlich wäre TopCo mit Aktienbewegungen im Wert von jährlich 5,2 Billionen Euro in mehr als 3200 Firmen stark genug, um Marktführern wie der US-Börse Nasdaq oder der in Atlanta ansässigen ICE Konkurrenz zu machen.
Der Deal dürfte nun an der Weigerung der LSE scheitern, ihren Mehrheitsanteil an der italienischen Bond-Handelsfirma MTS zu verkaufen, wie von Brüssel verlangt. Man fürchte negativen Einfluss auf das Italien-Geschäft, hieß es in London. Freilich hielten Marktbeobachter den Deal bereits seit dem Morgen des 24. Juni für gefährdet, als der zukünftige EUAustritt der Briten feststand.
Seither haben das Bundesland Hessen sowie die deutsche Finanzaufsicht Bafin angemahnt, die Holding müsse nun doch in Frankfurt ansässig sein. Umgekehrt warnten konservative EUGegner vergangene Woche im britischen Unterhaus vor einem Verkauf der London Stock Exchange, „einem unserer Kronjuwelen“, wie die Abgeordnete Anne Morris mitteilte.