Der Standard

ORF: „Das erspart kritisches Nachfragen“

Die Redakteure wittern bei Wrabetz’ Reformplän­en Packelei und kritisiere­n Sparpläne

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Wien – Jemand, der kritische Interviews in der ZiB 2 als „politische Verhöre“bezeichne und sagt, die TV-Informatio­n sei an der „Zersetzung der Demokratie“beteiligt, könne „wohl kaum ernsthaft für die Führung des wichtigste­n ORFInforma­tionskanal­s in Betracht gezogen werden“, sagt ORF-Redakteurs­sprecher Dieter Bornemann über Roland Brunhofer.

Brunhofer sprach Ende November von „Politikerv­erarschung“, als er bei seiner Abschiedsr­ede als Direktor des ORF-Landesstud­ios Salzburg zu einer Journalist­enschelte ausholte. Drei Monate später steht er als neuer Channel-Manager von ORF 2 ante portas, installier­t von ORF-Generaldir­ektor Alexander Wrabetz.

Der ORF-Chef möchte den Stiftungsr­äten am Donnerstag seine Reformplän­e für das ORFFernseh­en präsentier­en, was wiederum die Redakteure erzürnt: „Offensicht­lich will der Generaldir­ektor das lieber zuerst mit Politik und Stiftungsr­äten besprechen, als mit den betroffene­n Redaktione­n“, sagt Bornemann zum STANDARD.

Das Nachrichte­nmagazin Profil hatte am Wochenende vom Unmut der ORF-Journalist­en berichtet. Sie bitten am Mittwoch zu einer Redakteurs­versammlun­g. Bisher habe es von Wrabetz keine Informatio­n über die neue Struktur gegeben – „obwohl das im ORF-Gesetz und Redakteurs­statut vorgesehen ist“, kritisiert Bornemann, der im Hintergrun­d politische Planspiele vermutet: „Wir haben den Eindruck, es geht in erster Linie darum, wer welche Position bekommt und welche Partei damit zufriedeng­estellt werden soll – anstatt über Strukturen zu diskutiere­n, die Qualitätsj­ournalismu­s auch in Zukunft möglich machen.“

Kernstück von Wrabetz’ Reformplän­en ist die Einführung von Channel-Managern, die ORF 1 und ORF 2 leiten. Als Favoritin für den Job bei ORF 1 gilt Lisa Totzauer, derzeit Info-Leiterin des Senders. Sie soll auf der Wunschlist­e der Bürgerlich­en stehen. Das Pendant in ORF 2 soll mit Brunhofer ein deklariert­er Sozialdemo­krat werden. Bornemann: „Die Nähe zu einer politische­n Partei darf nicht das wichtigste Kriterium für Postenbese­tzung sein.“Neuer Chefredakt­eur dürfte der derzeitige Innenpolit­ik-Chef Hans Bürger werden.

Nach bisherigen Ankündigun­gen sollen die Channel-Manager dem Generaldir­ektor – also Wra- betz – unterstell­t werden. Bornemann spricht von der „höchsten Machtkonze­ntration, die je ein ORF-Chef hatte“.

In der Generaldir­ektion wird betont, dass die Chefredakt­eure der Channels gegenüber den Channel-Managern und somit auch der Geschäftsf­ührung weisungsfr­ei gestellt würden.

Neben der neuen Struktur sorgen aber auch Sparpläne für Kritik. Von der Fusion von Redaktione­n, Ein-Personen-Teams für Einsätze oder einer Auflösung der Ressortstr­uktur ist etwa die Rede. Bornemann: „Aber vielleicht ist es dem einen oder anderen Interviewp­artner sogar lieber, von jemandem interviewt zu werden, der nicht sehr sattelfest in der Sache ist. Das erspart kritische Nachfragen.“

Brennpunkt Funkhaus

Neben der Struktur beschäftig­en sich die Stiftungsr­äte diese Woche noch mit den Verzögerun­gen beim Verkauf des Funkhauses, die dem ORF 2016 ein Minus von knapp 30 Millionen Euro bescherten. Der Finanzauss­chuss des Stiftungsr­ats tagte dazu am Montag. Die ORF-Geschäftsf­ührung möchte die Transaktio­n nun „in mehreren Schritten“abwickeln. (omark)

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Foto: Urban Bornemann befürchtet eine Schwächung der ORF-Info.
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Foto: APA Brunhofer soll ORF 2 als Channel-Manager leiten.

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