Fliehkräfte des Brexit
Wenn man eine Superbörse formen will – wie die Deutsche Börse und ihr Londoner Pendant London Stock Exchange (LSE) – kann einem schon der Wind ins Gesicht wehen. Die Auflagen, die die EU-Kommission gestellt hat, sollen so groß gewesen sein, dass die Londoner das Handtuch geworfen haben. Damit dürfte die Luft raus sein, auch wenn die Kommission auf die Beschlussfrist verweist, die bis zum 3. April läuft.
Von Anfang an stand das Vorhaben unter keinem guten Stern. Die Standortfrage der gemeinsamen Holding spaltete die ansonsten willigen Fusionspartner: Für London sprach, dass der größere Umsatzkuchen von dort käme. Den Deutschen schmeckt dies naturgemäß nicht – und schon gar nicht nach dem Brexit-Votum. Ein Börsenkonzern für den Euroraum, der von einem Standort außerhalb der EU gesteuert wird, schien selbst den Verfechtern eines britisch-deutschen Börsenbetreibers ein Unding. Auch Deutsche-Börse-Chef Carsten Kengeter, der Spiritus Rector der Idee, tänzelt nicht mehr unbeschadet im Ring. Ermittlungen gegen ihn wegen des Verdachts auf Insiderhandel überschatten die Gespräche.
Es wäre nicht das erste Mal, dass die Idee einer europäischen Großbörse mit starker Beteiligung Deutschlands scheitert. In Zeiten, in denen die europäischen Fliehkräfte, angestachelt von den Briten, gerade besonders stark sind, wird sich diese Idee kaum realisieren lassen.