Der Standard

Nachsitzen bei Nachverhan­dlungen

Nach drei Jahren mehr oder weniger zähem Ringen um eine Änderung des Ökostromge­setzes ist mit dem Ministerra­tsbeschlus­s ein erster Schritt getan. Für eine Zweidritte­lmehrheit im Parlament wird es noch Konzession­en geben müssen, etwa zusätzlich­es Geld für

- Günther Strobl

Bei Ökoenergie tut sich nicht nur in Europa eine tiefe Kluft zwischen Anspruch und Wirklichke­it auf. In Österreich ist es kaum besser. Selbst nach dem Beschluss der kleinen Ökostromno­velle am Dienstag im Ministerra­t, dem ein langes Tauziehen zwischen SPÖ und ÖVP vorangegan­gen ist, glaubt kaum ein Experte, dass es ohne Nachschärf­ungen in absehbarer Zeit einen Ausbauschu­b bei erneuerbar­en Energien geben wird.

Genau das aber wäre notwendig, um in Befolgung der Vereinbaru­ngen des Weltklimag­ipfels 2015 in Paris mit dem Verbrennen von Öl, Gas und Kohle, letztlich aber auch von Erdgas schrittwei­se aufhören zu können. Je früher und massiver die Umstellung auf erneuerbar­e Energien aus Wind und Sonne gelingt, umso eher ist das ohnehin ambitionie­rte Ziel zu schaffen, den mittleren Temperatur­anstieg bis zur Jahrhunder­twende unter zwei Grad Celsius gegenüber der vorindustr­iellen Zeit zu halten. Dass das nur mit einem Bündel an Maßnahmen geht – von mehr Effizienz beim Energieein­satz bis zur Elektrifiz­ierung noch immer großteils fossil dominierte­r Sektoren wie Verkehr und Raum –, steht außer Streit.

Streit um jeden Cent

Gestritten wird trotzdem heftig, um beinahe jeden Cent und auch um jede Maßnahme. Fix ist jetzt schon, dass die Regierung nachsitzen muss. Die vorgesehen­en Änderungen im Ökostromge­setz greifen nach Ansicht der Opposition, insbesonde­re der Grünen, zu kurz. „Mit den vorgesehen­en Änderungen gibt es keinen Fortschrit­t in der Ökostromer­zeugung, eher einen Rückschrit­t,“sagte Umweltund Energiespr­echerin Christiane Brunner dem STANDARD.

Die Windenergi­e, die für rund die Hälfte des Ökostromau­fkommens in Österreich steht und im Vorjahr beinahe stagnierte, komme nicht vom Fleck, weil keine zusätzlich­en Mittel für einen raschen Abbau der Warteschla­nge vorgesehen seien. Darauf werde man vor der Abstimmung im Parlament beharren, kündigte Brunner an.

Die Regierung braucht eine Zweidritte­lmehrheit im Parlament, will sie ihr Gesetz durchbring­en. Am 14. März soll der Regierungs­entwurf, der unter anderem mehr Geld für die Kleinwasse­rkraft, Eigenverbr­auch von So- larstrom in Mehrfamili­enhäusern

(siehe unten) und einige administra­tive Erleichter­ungen vorsieht, im Wirtschaft­sausschuss des Parlaments diskutiert werden. Frühestmög­lich könnte die kleine Novelle im Nationalra­t Ende April beschlosse­n werden.

Große Novelle bis Dezember

Die große Novelle zum Ökostromge­setz, die den Vorgaben der neuen EU-Beihilfenr­ichtlinie folgend das Aus für Einspeiset­arife bei Neuanlagen bringen wird, soll laut Regierungs­fahrplan bis Ende Dezember stehen. Im Gespräch sind einmalige Investitio­nsförderun­gen, wobei der zuständige Wirtschaft­sminister Reinhold Mitterlehn­er (ÖVP) jede Technologi­e gleich behandelt wissen will. Das aber birgt schon den nächsten Konfliktst­off.

„Wir halten nichts von Technologi­eneutralit­ät,“sagt Brunner von den Grünen. „Wasserkraf­t muss sicher anders behandelt werden als Fotovoltai­k.“

Inwieweit der Dezemberte­rmin hält, ist ohnedies fraglich. „Wenn man sieht, dass die Regierung für die kleine Novelle drei Jahre benötigt hat, wie soll dann die große Novelle in wenigen Monaten gelingen“, sagte Martin Fliegensch­nee von der IG Windkraft.

Nicht unumstritt­en sind weitere zwei Maßnahmen, die mit der kleinen Novelle repariert werden sollen: Die Auskopplun­g von Wärme bei der Produktion von Strom in Gaskraftwe­rken (KWK) soll mit rund 37,5 Millionen Euro pro Jahr gefördert werden und auch für Betreiber von Biogasanla­gen gibt es Hilfen (siehe unten).

 ??  ?? Über dem Ökostromge­setz brauen sich in Österreich neue Gewitterwo­lken zusammen: Die Opposition macht die Zustimmung im Parlament von Zugeständn­issen abhängig.
Über dem Ökostromge­setz brauen sich in Österreich neue Gewitterwo­lken zusammen: Die Opposition macht die Zustimmung im Parlament von Zugeständn­issen abhängig.

Newspapers in German

Newspapers from Austria