Fall Yücel: Berlin mahnt zu Respekt für Pressefreiheit
Deutsche Politiker sind empört über die U-Haft für den „Die Welt“Korrespondenten Deniz Yücel. Außenminister Kurz wiederum zeigt sich unbeeindruckt von neuerlichen Verbalattacken aus Ankara.
Ankara/Berlin/Wien – Auf Deniz Yücel und die sich abzeichnenden neuen Spannungen zwischen Deutschland und der Türkei ging Tayyip Erdogan am Dienstag bei dem üblichen Auftritt vor Journalisten vor Beginn einer Auslandsreise gar nicht erst ein. Dafür griff der autoritär regierende türkische Staatschef in eine andere Mediensache ein.
„Ungezogen“und „gemein“nannte Erdogan einen Bericht des türkischen Massenblatts Hürriyet vom vergangenen Samstag. Darin ging es unter dem Titel „Unruhe im Generalstab“um angebliche Klagen innerhalb der Armeeführung über die Politik. Ein Zeitungschef, der eine solche Schlagzeile zulasse, sei unfähig, erklärte Erdogan. Knapp eine Stunde später wurde die Entlassung des Hürriyet- Chefredakteurs Sedat Ergin bekanntgegeben. Seinen Platz übernimmt der Kolumnist Fikra Bilet, ein Veteran des türkischen Journalismus, der große Umsicht im Umgang mit Präsident und Regierung walten lässt.
Ermittlungen gegen „Hürriyet“
Gegen Hürriyet leitete die Staatsanwaltschaft am Montag bereits Ermittlungen wegen des Artikels ein. Am selben Tag ordnete ein Richter auch die Übernahme in die Untersuchungshaft für den deutschtürkischen Journalisten Deniz Yücel an, zusammen mit acht anderen türkischen Kollegen. Yücel kam 2015 aus Berlin nach Istanbul als Korrespondent für die Tageszeitung Die Welt. Laut Protokoll der Gerichtsverhandlung, aus dem die Deutsche Presse-Agentur zitierte, wird ihm Propaganda in Artikeln für die PKK wie für die Gülen-Bewegung vorgeworfen.
In Deutschland ist die Empörung über die Entscheidung groß. Kanzlerin Angela Merkel nennt Yücels Haft „bitter und enttäuschend“und erklärt: „Diese Maßnahme ist unverhältnismäßig hart, zumal Deniz Yücel sich der türkischen Justiz freiwillig gestellt und sich für die Ermittlungen zur Ver-