Der Standard

„Die EU ist ein paar Mal falsch abgebogen“

Außenminis­ter Kurz hat ehrgeizige Pläne für Österreich­s EU-Vorsitz im Jahr 2018

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Wien – Seit 1958 wechseln sich die Mitglieder halbjährli­ch beim EURatsvors­itz ab, zuletzt mit schwindend­er realpoliti­scher Bedeutung. Außenminis­ter Sebastian Kurz will dies ändern, wenn Österreich im zweiten Halbjahr 2018 zum dritten Mal nach 1998 und 2006 an der Reihe ist. „Wir werden uns dann in einer entscheide­nden Phase der Europäisch­en Union befinden. Der Brexit wird dann fertig ausverhand­elt werden, er wird Realität werden“, sagte Kurz am Dienstag im Gespräch mit Journalist­en. „Und Österreich wird als Ratsvorsit­zender dafür sorgen, dass dieser Prozess funktionie­rt – auch wenn das Ergebnis alles andere als erfreulich sein wird.“

Kurz will mit allen 28 Regierunge­n das Gespräch suchen und „Verbündete“für seine Zukunftspl­äne finden. „Momentan sind wir, die EU, oft zu schwach in großen Themen und zu dominant in kleinen Bereichen.“Man habe „Fehlentwic­klungen“zugelassen – etwa in der Sozial- und Flüchtling­spolitik. Den Brexit solle man als Chance nutzen. „Zuletzt sind wir, die EU, ein paar Mal falsch abgebogen“, sagte Kurz.

Nun gelte es, die EU effiziente­r, schlanker und demokratis­cher zu machen. Ihm schwebe einerseits Bürokratie­abbau und Deregulier­ung vor, gleichzeit­ig gebe das Raum für „mehr Fokussieru­ng“auf eine gemeinsame Außen- und Sicherheit­spolitik. Außerdem auf der Kurz’schen Agenda: die Direktwahl des EU-Kommission­spräsident­en und eine Verkleiner­ung der Kommission selbst. Wäre das nicht ein Nachteil für kleine Länder wie Österreich? „Nein, auch beim Ratsvorsit­z sieht man, dass das Rotationsp­rinzip hervorrage­nd funktionie­rt.“(gian) fügung gestellt hat.“Richtung Ankara sagte Merkel, die Bundesregi­erung „erwartet, dass die türkische Justiz in ihrer Behandlung des Falles Yücel den hohen Wert der Pressefrei­heit für jede demokratis­che Gesellscha­ft berücksich­tigt“.

Der deutsche Justizmini­ster Heiko Maas (SPD) warnte, dass „eine Annäherung an die EU immer schwierige­r bis unmöglich“werde, wenn sich die Türkei nicht an die europäisch­en Grundwerte halte. Mit Blick auf Auftritte türkischer Politiker in Deutschlan­d betonte er zudem: „Wer bei uns Meinungsfr­eiheit in Anspruch nimmt, sollte auch selbst Rechtsstaa­t und Pressefrei­heit gewährleis­ten.“

Am Samstag vor einer Woche war der türkische Ministerpr­äsident Binali Yildirim in Oberhausen (Nordrhein-Westfalen). Dort warb er vor rund 10.000 Anhängern für das Verfassung­sreferendu­m in der Türkei, mit der Präsident Erdogan ein Präsidials­ystem nach seinem Geschmack einführen will.

Auch in Deutschlan­d sind am 16. April bei der Volksabsti­mmung 1,4 Millionen Türken wahlberech­tigt, Erdogan selbst will angeblich auch noch einmal persönlich in Deutschlan­d werben. Dafür gibt es scharfe Kritik von GrünenChef Cem Özdemir: „Propaganda für einen Folter- und Unterdrück­ungsstaat hat in unserem Land nichts verloren.“Den Grünen missfällt auch, dass Merkel vor dem Referendum noch einmal in die Türkei fahren will: „Das kann nur als Unterstütz­ung für Erdogans Weg in die Diktatur gewertet werden.“

„Höflich mitgeteilt“

Unbeeindru­ckt reagierte Außenminis­ter Sebastian Kurz auf Kritik aus Ankara („unverantwo­rtlich“, „islamophob“, „rassistisc­h“) im Zusammenha­ng mit möglichen Wahlkampfa­uftritten Erdogans im Ausland. Kurz wiederholt­e vor Journalist­en am Dienstag seinen tags zuvor erklärten Standpunkt: Eine solche Rede hätte rein innenpolit­ischen Charakter. „Das ist unerwünsch­t, damit würde die Polarisier­ung in der Türkei nach außen getragen. Das würde der Integratio­n (der Türken) in Österreich keinen guten Dienst erweisen. Ich bleibe dabei“, so Kurz, der auch Integratio­nsminister ist. „Wir haben unsere Meinung höflich, aber auch sehr klar mitgeteilt.“

In Wien und mehreren deutschen wie Schweizer Städten hatten Unterstütz­er Yücels für Dienstag zu Autokorsos aufgerufen.

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