Der Standard

„Wir bestrafen die Pflegerin“

SP-Abgeordnet­e gegen Kürzung der Familienbe­ihilfe

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Wien – Für Nurten Yilmaz war es eine höchst unangenehm­e Überraschu­ng: „Ich kann nicht glauben, dass die SPÖ in der Regierung so einer Idee zustimmt“, sagt sie – „und dann auch noch glaubt, Gerechtigk­eit zu schaffen.“

Die sozialdemo­kratische Nationalra­tsabgeordn­ete Yilmaz meint damit ein Vorhaben, zu dem sich das rote Regierungs­team im neuen Arbeitspak­t mit der ÖVP verpflicht­et hat: Die Familienbe­ihilfe soll für jene Kinder von in Österreich arbeitende­n EU-Bürgern, die im Ausland leben, an das dortige Lebensnive­au angepasst werden. In der Mehrzahl der Fälle liefe dies auf eine Kürzung hinaus.

„Mir tut es weh, wenn Leuten, die Steuern zahlen, Dienstleis­tungen erbringen und ihre Kinder zurücklass­en müssen, die Beihilfe gekürzt wird“, sagt Yilmaz zum STANDARD. Sie verstehe, dass sich die Regierung gegen Sozial- und Steuerdump­ing osteuropäi­scher Länder wehren wolle, aber: „Was ist die Konsequenz? Wir bestrafen die Pflegerin, die uns den Sabber vom Mund wischt.“

„Ich sehe dieses Vorhaben sehr kritisch“, sagt auch die Mandatarin Ulrike Königsberg­er-Ludwig: „Statt die wirklich großen Probleme der EU anzugreife­n, spart man beim schwächste­n Glied, wo sich am leichteste­n etwas durchsetze­n lässt“, ärgert sie sich, „und das sind zum Beispiel jene Menschen, die für uns die Pflege leisten.“Sie hoffe, dass sich in parlamenta­rischen Beratungen etwas zum Besseren wenden lasse – „aber leicht ist es gerade nicht“.

Im SP-Klub gibt es freilich auch die Gegenposit­ion zu den beiden Kritikerin­nen, die auch mit dem neuen Fremdenpak­et keine Freude haben (Seite 9). Da die Familienbe­ihilfe reale Lebenskost­en abdecken solle, sei die Anpassung gerechtfer­tigt, sagt die Mandatarin Daniela Holzinger, die oft als Parteirebe­llin aufgefalle­n war: Wolle man Pflegerinn­en besserstel­len, dann müsse dies über die Bezahlung geschehen. (jo)

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