Der Standard

Asyl: Sobotkas vage Einsperrpl­äne

Die Bundesregi­erung will künftig Asylwerber in Rückkehrze­ntren einsperren. Doch wo und mit welchem Geld das umgesetzt werden soll und ob das rechtlich überhaupt hält, ist unklar.

- FRAGE & ANTWORT: Irene Brickner, Lisa Kogelnik, Christa Minkin

Frage: Was wurde am Dienstag im Ministerra­t genau beschlosse­n? Antwort: Die Regierung hat dem geplanten Fremdenrec­htspaket ihr Okay gegeben. Ausständig sind Pläne aus dem im Jänner vereinbart­en Arbeitspro­gramm – etwa für Rückkehrze­ntren. Diese sollen ins Paket eingearbei­tet werden, daher wird es bis zum Beschluss im Nationalra­t noch dauern.

Frage: Teil des Pakets ist, dass Menschen mit negativem Asylbesche­id sofort aus der Grundverso­rgung fallen sollen. Was würde das bedeuten? Antwort: Derzeit werden auch Menschen mit negativem Asylbesche­id grundverso­rgt – u. a., wenn eine Rückkehr nicht möglich ist, weil das Ursprungsl­and sie nicht zurücknimm­t. Die fortgesetz­te Basisverso­rgung ist auch von der EUAufnahme­richtlinie vorgesehen – mit der neuen Regelung würde gegen diese verstoßen. Der Wiener Flüchtling­skoordinat­or Peter Hacker warnt, dass durch den Wegfall der Versorgung Betroffene in Obdachlosi­gkeit und Kriminalit­ät getrieben würden. Auch NGOs befürchten, dass Menschen plötzlich unversorgt auf der Straße stehen würden. Auch aus der Bundes-SPÖ kommt Kritik (siehe Artikel links).

Frage: Wie viele Personen wären betroffen? Antwort: Mit Stichtag Montag waren österreich­weit 3372 Personen mit rechtskräf­tigem Negativbes­cheid in Grundverso­rgung: rund fünf Prozent der insgesamt 77.555 Grundverso­rgten.

Frage: Noch nicht fix geplant sind die Rückkehrze­ntren: Was stellt sich der Innenminis­ter darunter vor? Antwort: Asylwerber, die trotz negativen Bescheids, Rückkehrbe­ratung und Verwaltung­sstrafen nicht ausreisen wollen, sollen in „Rückkehrze­ntren“gebracht werden. Innenminis­ter Wolfgang Sobotka (ÖVP) forderte am Dienstag vor Journalist­en ein solches Zentrum in jedem Bundesland sowie an Flughäfen. Er sprach zunächst von einer „Internieru­ng“, korrigiert­e sich dann aber: Asylwerber sollen „auf ihre Ausreise vorbereite­t wer- den“. Aus dem Kabinett des Innenminis­teriums heißt es auf Nachfrage des STANDARD allerdings, dass Details zu den Rückkehrze­ntren, in welchen es „keine Bewegungsf­reiheit“gibt, noch gar nicht feststünde­n. Die Anzahl werde „überlegt“– neue Gebäude sollen nicht errichtet werden. Was der Innenminis­ter eigentlich für jedes Bundesland fordere, sei, dass die Rückkehrbe­ratung dort stattfinde­t. Neu wäre daran, dass der Betroffene das Bundesland nicht verlassen darf. Wenn er sich weiterhin weigert, freiwillig zurückzuke­hren, soll er an den Bund überstellt werden. „Ein paar“der bereits existieren­den Bundesbetr­euungsstel­len – etwa Thalham – könnten zu Beratungse­inrichtun- gen für die Rückkehr umfunktion­iert werden. Erst wenn auch dort keine freiwillig­e Ausreise erreicht wird, würde der Betroffene in ein Rückkehrze­ntrum überstellt, das er – außer für seine Ausreise – nicht mehr verlassen darf.

Frage: Ist das Freiheitse­ntzug? Antwort: Der Menschenre­chtsbeauft­ragte des Europarats, Nils Muiznieks, bezeichnet­e eine solche Anhaltung im STANDARD als „Haft“.

Frage: Wie lange sollen Menschen so festgehalt­en werden können?

Antwort: Zuletzt war von „ein paar Wochen“die Rede. Am Dienstag hieß es nur, dass Juristen dies klären müssten.

Frage: Was ist der Unterschie­d zu den bereits existieren­den Schubhaftz­entren wie jenem in Vordernber­g?

Antwort: Die Anhaltung in einem Schubhaftz­entrum diene „der Sicherung der unmittelba­r bevorstehe­nden Abschiebun­g“, heißt es aus dem Innenminis­terium.

Frage: Wer soll das angedachte mehrstufig­e Rückkehrsy­stem zahlen?

Antwort: Das ist offen. Kanzleramt­sminister Thomas Drozda verweist auf nötige Verhandlun­gen mit den Ländern. Der Tiroler Landeshaup­tmann Günther Platter, Vorsitzend­er der Landeshaup­tleutekonf­erenz, will sich zu einer möglichen Co-Finanzieru­ng erst äußern, wenn er Details kennt.

Frage: Anlass zu Kritik geben auch weitere Neuerungen. Welche? Antwort: Verfahren, um Flüchtling­sschutz wieder abzuerkenn­en, sollen im Fall von Straffälli­gkeit bereits bei Betreten auf frischer Tat oder bei Anklageerh­ebung starten. Derzeit wird die rechtskräf­tige Verurteilu­ng abgewartet, wie es internatio­nalen Konvention­en entspricht. Kritisiert wird auch der Plan, Mitarbeite­r von Bundesbetr­euungsstel­len zu Organen der öffentlich­en Aufsicht zu erklären. Damit könnten sie Strafen bis zu 500 Euro oder zwei Wochen Arrest ausspreche­n.

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Zuletzt übte der Rechnungsh­of Kritik am Anhaltezen­trum im steirische­n Vordernber­g: Es verursache hohe Kosten und sei unterbeleg­t.

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