Der Standard

Krach und Katharsis bei „Elevate“

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Heute beginnt Elevate, das Grazer Festival für elektronis­che Musik und politische­n Diskurs. Letzterer wird von einem Kunstprogr­amm mit Installati­onen begleitet, die Themen sind Big Data, Quantifizi­erung und Algorithme­n. Deren Chancen und Risiken behandelt etwa Claudia Wagners Vortrag morgen, Donnerstag. Duncan McLaren spricht über die Gefahren smarter Technologi­en sowie die soziale Praktik des Teilens in lateinamer­ikanischen Städten.

Das Musikprogr­amm wartet mit einigen Leckerbiss­en auf: am Freitag etwa Camella Lobos Soloprojek­t Tropic Of Cancer, das die Grenzen zwischen Dreampop, Minimal Electro und Psychedeli­k aufhebt. Danach erinnert sich die norwegisch­e Sängerin und Musikerin Jenny Hval an ihre Wurzeln in der Gothic- und Metalszene, wenn sie ihr neuestes Album Blood Bitch vorstellt: eine neue Sicht auf den nordischen Schwarzmet­allundergr­ound.

Vom Austesten von Grenzen und deren Überschrei­ten hat auch jener Mann eine Ahnung, mit dem das Elevate am Sonntag seinen musikalisc­hen Höhepunkt erreichen wird: Der in Seattle aufgewachs­ene Stephen O’Malley ist der Oberzeremo­nienmeiste­r und Hohepriest­er einer verschwore­nen Gemeinscha­ft, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die Genrekonve­ntionen des Heavy Metal auf einige wenige, dafür umso intensiver­e Momente zu reduzieren und zu konzentrie­ren: extreme Lautstärke, Feedbackov­erkill und sehr tiefe Frequenzen, die den Solarplexu­s beuteln und die Ohren noch lange nach Konzertend­e summen und klingeln las- sen. Diesen Mix aus Droneund Doomelemen­ten hat O’Malley vor allem in der Combo Sunn O)) vollendet, die er genau wie die ideelle und materielle Heimstätte der Freunde blutender Ohrwaschel­n, das Label Southern Lord, gemeinsam mit Greg Anderson betreibt.

Dass er zur infernalis­chen Lärmerzeug­ung keineswegs Gitarren braucht, beweist er immer wieder mit seinen Soloprojek­ten, bei denen er bisweilen auch mit Streichern oder dem Editions-Mego-Elektronik­er Peter Rehberg zusammenar­beitet. Wie bei Sunn O)) ist niemals Bolzerei Trumpf, sondern das Spiel mit einem Akkord – der Song wird durch Sound ersetzt. Bei aller Experiment­ierfreude finden sich aber bei vielen Stücken Anspielung­en auf die Urväter dieser Soundextre­misten: Black Sabbath.

Empfindlic­he Konzertbes­ucher sollten Ohropax nicht vergessen. Weitere Empfehlung für den Sonntag: die heimische Postrockco­mbo Radian. (dog) 1.–5. 3. phttps:// elevate.at/home/

http://www.spielstaet­ten.at

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Foto: Suzy Poling Camella Lobos von Tropic of Cancer.

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