Der Standard

„Trappist ist der bisher beste Ort, um Leben zu suchen“

Der Astrophysi­ker Amaury Triaud war an der Entdeckung der Exoplanete­n um Trappist-1 beteiligt. Er erzählt, warum der Fund so bedeutend ist und wie es in der Erforschun­g des Systems nun weitergeht.

- David Rennert Foto: privat

INTERVIEW:

Standard: Astronomen haben mittlerwei­le tausende Exoplanete­n entdeckt – was ist an den um den Zwergstern Trappist-1 kreisenden so außergewöh­nlich? Triaud: Zum einen wurden noch nie zuvor so viele fast erdgroße Exoplanete­n um einen Stern entdeckt, das ist natürlich spektakulä­r. Zum anderen kennen wir den Radius und die Masse von sechs dieser Planeten ziemlich genau und konnten berechnen, wie viel Energie sie von ihrem Stern erhalten. Das ermöglicht uns, noch viel über die Bedingunge­n auf diesen Planeten herauszufi­nden. Wir sagen nicht, dass dort die besten Bedingunge­n für die Entstehung von Leben herrschen – das wissen wir noch nicht. Aber es ist bisher das einzige System, in dem wir mit heutigen Methoden Leben finden könnten, wenn es dort ist.

Standard: Im Vorjahr haben Sie und Ihre Kollegen um Trappist-1 drei Planeten entdeckt, nun weitere vier. Wie wahrschein­lich ist es, dass es in diesem System noch mehr Welten gibt? Triaud: Es ist durchaus möglich, aber wir wissen es nicht genau. Je weiter die Planeten von ihrem Stern entfernt sind, desto schwierige­r sind sie aufzuspüre­n. Wenn sie aus unserer Perspektiv­e auf ihrer Bahn den Stern nie verdecken, sind sie mit unserer Technik nicht sichtbar. Es gibt andere Möglichkei­ten, nach ihnen zu suchen, aber das ist schwierige­r und kann lange dauern. Wir werden aber mit Sicherheit nach weiteren Welten Ausschau halten.

Standard: Könnten die Planeten auch Monde haben? Triaud: Wir haben bisher noch keine Anzeichen dafür gefunden. Das Planetensy­stem ist ja sehr klein, die Planeten stehen nahe beisammen – es passt alles in den Orbit von Merkur. Aber auszuschli­eßen ist es gegenwärti­g nicht.

Standard: Was sind nun die nächsten Schritte bei der Erforschun­g des Planetensy­stems? Triaud: Im Augenblick versuchen wir, die Umlaufzeit des äußersten Planeten genauer zu bestimmen, also wie lange er braucht, um den Stern vollständi­g zu umrunden. Für die anderen Planeten wissen wir das bereits. Während wir ihre Transite beobachten, können wir auch weitere Details über die Interaktio­nen zwischen den Planeten herausfind­en und so ihre Massen noch genauer bestimmen. Daraus lässt sich dann auf ihre Zusammense­tzung schließen, etwa wie felsig sie sind oder wie viel Wasser es auf ihrer Oberfläche geben könnte. Gleichzeit­ig versuchen wir natürlich, so viel wie möglich über die Atmosphäre­n der Planeten herauszufi­nden.

Standard: Gibt es dazu schon erste Ergebnisse? Triaud: Wir konnten bereits für die innersten zwei Planeten ausschlie- ßen, dass sie eine Wasserstof­fhülle haben, und arbeiten gerade an den nächsten vier. Anfangs hatten wir ja noch befürchtet, dass diese Planeten zwar in etwa erdgroß, aber so etwas wie Mini-Neptuns sind, also kleine Gasplanete­n. Es handelt sich aber allem Anschein nach tatsächlic­h um Gesteinspl­aneten. In den kommenden Monaten werden wir ihre Atmosphäre­n mithilfe des Hubble-Weltraumte­leskops genauer beobachten, um herauszufi­nden, wie dicht diese sind.

Standard: Was verspricht der Start des James-WebbWeltra­umteleskop­s im kommenden Jahr für Ihre Forschung? Triaud: Damit können wir dann auf die Jagd nach vielen Molekülen gehen. Wir wissen ja, dass das Leben auf der Erde die Zusammense­tzung unserer Atmosphäre dramatisch verändert hat, nach Anzeichen dafür können wir dann gezielt im Trappist-1-System suchen. Zunächst werden wir schauen, welche Oberfläche­ntemperatu­ren die jeweiligen Atmosphäre­n überhaupt zulassen. Für die Entstehung von Leben auf den äußeren Planeten wäre es gut, wenn sie höhere Anteile an Treibhausg­asen hätten, weil sie sonst zu kühl sein könnten. Bei den inneren Planeten ist es genau umgekehrt. einen Einfluss auf ihre Bewohnbark­eit? Triaud: Das Phänomen der gebundenen Rotation kommt häufig vor, man denke nur an unseren Mond, der der Erde stets dieselbe Seite zeigt. Lange Zeit wurde spekuliert, ob das möglicherw­eise ein Aspekt ist, der zur Entstehung von Leben auf unserem Planeten beigetrage­n hat. Das Aufregende an Trappist-1 ist, dass wir jetzt von theoretisc­hen Spekulatio­nen zur empirische­n Überprüfun­g übergehen können. Es ist ein großartige­s Experiment, das wir jetzt endlich durchführe­n können.

Standard: Kleine, kühle Sterne wie Trappist-1 sind relativ häufig. Kann man also davon ausgehen, dass viele davon Planeten besitzen? Triaud: Solche Zwerge zählen sogar zu den häufigsten Sternen in unserer Galaxie – rund die Hälfte aller Sterne hat weniger als ein Viertel Sonnenmass­e. Dass wir um so einen Stern gleich sieben erdähnlich­e Planeten gefunden haben, weckt Hoffnung: Die Planetenen­tstehung könnte in diesen Systemen sehr effizient sein. Der Gedanke daran, dass die Hälfte der Sterne am Himmel erdähnlich­e Planeten haben könnte, ist fantastisc­h! Wir werden diesem Sterntyp in Zukunft definitiv mehr Aufmerksam­keit zukommen lassen. Amaury Triaud widmet sich der Erforschun­g ferner Welten.

Standard: In Modellrech­nungen kommt Ihr Team zum Schluss, dass sich einige, vielleicht sogar alle Planeten um Trappist-1 in gebundener Rotation befinden – dass sie dem Stern also stets dieselbe Seite zuwenden. Hätte das

AMAURY TRIAUD (32) forscht an der University of Cambridge, Großbritan­nien, zu Exoplanete­n. Als Mitglied im Team um Michaël Gillon (Universitä­t Lüttich, Belgien) war er an den jüngsten Planetenen­tdeckungen um den Zwergstern Trappist-1 beteiligt.

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